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Langer Atem

Chronik Nach seiner fristlosen Kündigung 2012 lässt der nikotinabhängige Adolfs im Kampf um seine Wohnung nicht locker

DÜSSELDORF taz | 2012 kündigt die mittlerweile fast 90-jährige Vermieterin dem Mann nach 40 Jahren fristlos. Der nikotinabhängige Friedhelm Adolfs nimmt die Rolle des Widerstandskämpfers von Anfang an bockig-gern an, in der Pafferszene erreicht er Heldenstatus – und die Auseinandersetzungen gewinnen Züge eines Glaubenskrieges: Darf man in seiner Wohnung paffen, so viel man will? Wo beginnen Geruchsbelästigungen und Gesundheitsgefährdung im Treppenhaus?

Das Verfahren gilt bald als Präzedenzfall für das Verhältnis zwischen Rauchern und Nichtrauchern, die unter einem Dach leben.

2014 erklärt das Amtsgericht die Kündigung für rechtens, ebenso das Landgericht als Berufungsinstanz. Begründung: Das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit der Nachbarn habe Vorrang vor dem Recht auf freie persönliche Entfaltung des Rauchers.

Adolfs sagt indes, man wolle ihn als letzten Privatmieter aus dem Haus ekeln, um die Wohnung in Büroräume umzuwandeln und mehr Miete zu kassieren.

Im Februar 2015 rügt der Bundesgerichtshof das Urteil: Die Vorinstanzen hätten sich um eine hinreichende Beweisaufnahme gedrückt – rechtswidrig. Die Vermieterin habe nicht nachweisen können, dass der Qualm die Gesundheit der übrigen Menschen im Haus gefährdet. Schadstoffmessungen gab es nicht. Bald darauf, im März, will die Vermieterin per Zwangsräumung Fakten schaffen. Das Landgericht untersagt das. Die Neuaufnahme wird zunächst verschoben, da Raucher Adolphs mit einem leichten Schlaganfall ins Krankenhaus muss.

Anfang 2016 geht die Justizsaga weiter. Bei der Beweisaufnahme widersprechen sich die Zeugen. Am 28. September fällt das Urteil – zugunsten Adolfs’. Bernd Müllender

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