US-Wahlkampf

Die TV-Debatte hat Donald Trump gegen Hillary Clinton verloren. So sehen es New Yorker Demokraten, aber auch viele Republikaner

Wettkampf der Unbeliebten

Debatte Zwei, die viel gemeinsam haben, streiten um das höchste Amt. Ein bisschen inhaltlich, meist persönlich. Bericht von der „Watchparty“ der Clinton-Anhänger

Spannung: 5 Millionen Tweets wurden während der Debatte abgesetzt Foto: Matthew McDermott/Polaris/laif

Aus New York Dorothea Hahn

Hillary Clinton kommt von rechts auf die Bühne, Donald Trump von links. Sie strahlend, er feixend. Seine blaue Krawatte auf weißem Hemd und ihr roter Hosenanzug ergeben zusammen die Farben der Nationalfahne.

„Lester Holt, bitte, bitte prüfe die Fakten“, fleht Ernest den Moderator an. Zusammen mit acht anderen Clinton-UnterstützerInnen sitzt Ernest in einem Wohnzimmer im 22. Stockwerk in Harlem vor dem Fernseher, um die Debatte in der 50 Kilometer entfernten Hofstra-Universität zu verfolgen. Es ist eine von Tausenden „Watch-Partys“, die an diesem Montagabend stattfindet, während die Straßen des Landes fast leer sind und die beiden Präsidentschaftskandidaten zum ersten von drei Duellen aufeinandertreffen.

Die Debatte beginnt so politisch scharf und persönlich aggressiv, wie sie 90 Minuten lang bleiben wird. Clinton zählt in schneller Folge soziale Programmpunkte auf, mit denen sie hofft, bei der unteren Mittelschicht zu punkten: Erhöhung des Mindestlohns, gleicher Lohn für Frauen und schuldenfreie Universitäten.

Foto: Hillary Clinton Foto: Lucas Jackson/reuters

Trump, der in seinen Kasinos, Hotels und Golfplätzen Tausende Menschen beschäftigt, hält in dem anklagenden Ton, mit dem er in den letzten Monaten Millionen WählerInnen im Rustbelt und anderen ruinierten Industriegegenden gewonnen hat, dagegen: „Unsere Arbeitsplätze fliehen in andere Länder.“ Er zählt Mexiko und China als besondere Bösewichte auf und verspricht wieder einmal, dass er die verlorenen Jobs zurückholen werde. „Er produziert doch selbst im Ausland“, ruft jemand bei der Watch-Party. Mehrere in dem Raum halten ihre Handys bereit, um das „Fact-Checking“, das die Clinton-Kampagne organisiert, per SMS zu erhalten.

Die Kandidatin und der Kandidat haben viel gemeinsam. Sie sind um die 70, sie sind weiß und blond, leben in New York, sind Spitzenverdiener (sie ist Millionärin, er Milliardär) und sie sind die unpopulärsten Kandidaten seit Menschengedenken. Als Senatorin für New York war Clinton zu Gast bei Trumps dritter Hochzeit. Umgekehrt hat er für ihre Kampagnen gespendet und ihre politischen Fähigkeiten in Interviews gelobt. Doch jetzt machen sie sich gegenseitig die Kompetenz für das höchste Amt streitig. Für sie ist er „charakterlich untauglich“. Für ihn ist sie „betrügerisch“.

Der Moderator lässt die beiden über lange Strecken aufeinanderprallen, ohne sich einzumischen. Nur als Trump behauptet, er könne seine Steuererklärung nicht veröffentlichen, weil er „wieder einmal“ eine Steuerprüfung habe, stellt der Journalist klar, dies sei kein Hinderungsgrund.

Foto: Donald Trump Foto: Julio Cortez/ap

Trump zeigt Stärke, als es um Clintons Kehrtwende in Sachen Freihandel geht. Er braucht – wie sie – zum Sieg die Stimmen der GlobalisierungsverliererInnen im Rustbelt. Dort sind seit dem Freihandelsabkommen Nafta (mit Kanada und Mexiko) Millionen Arbeitsplätze verloren gegangen. Mit dem TPP, dem Abkommen mit asiatischen Pazifikanrainern, das Clinton als Außenministerin unterstützt hat und jetzt kritisiert, werde dasselbe passieren, sagt Trump.

Die beiden streiten ein wenig über innen- und außenpolitische Themen. Darunter Polizeigewalt – Trump will die als verfassungswidrig erkannten „Stop und Frisk“-Straßenkontrollen wieder einführen, weil sie effizient seien, was die Zahlen nicht belegen. Clinton plant eine Reform des Strafrechts – und Spionage, ein weiteres Thema – Trump hat Russland gebeten, die nicht veröffentlichten E-Mails von Clinton auszuschnüffeln. Clinton nennt Cybersicherheit eine der großen Herausforderungen der Zukunft – und Atomwaffen –, deren Weiterverbreitung Trump im Wahlkampf propagiert hat, aber die er jetzt als „größte Gefahr“ bezeichnet. Bei fast allen Themen endet die sachliche Debatte schnell mit persönlichen Vorwürfen.

Bei der Watch-Party und in den Expertenkreisen im Fernsehen gilt es am Ende der Debatte umgehend als ausgemacht, dass Clinton besser war: präsidialer, verlässlicher, kompetenter.

Doch Vanessa ist nicht überzeugt, dass das ihren Vater, einen lebenslangen Republikaner-Wähler, davon abhalten wird, Trump zu wählen.

Im Aufzug aus dem 22. Stock zurück nach unten sagt die Clinton-Unterstützerin Susan, dass sie sich für Trump schäme: „Ich hoffe, der Rest der Welt weiß, dass wir nicht alle so denken“.

Elaine kündigt an: „Wenn der gewinnt, werden sicher einige von uns nach Deutschland ziehen.“ Und Toni, die mit ihrem in Liberia geborenen Freund Ernest gekommen ist, antwortet: „Wenn der gewinnt, gehe ich nach Afrika.“