: „Alle hassen uns“
Terror Im Prozess gegen Salafistenprediger Sven Lau sagt ein Aussteiger aus: Dominic Schmitz, der lange Zeit die rechte Hand des Angeklagten war. Er bringt Lau zum Reden
aus Düsseldorf Sabine am Orde
Im Prozess gegen den Salafistenprediger Sven Lau hat das Gericht am Mittwoch vier Videos eingebracht. Diese zeigen den Angeklagten beim Predigen und in Interviews und kreisen um die Frage: Wie hält es Lau mit dem Dschihad? Der Salafist sagt Sätze wie: „Assad bekämpft die Muslime, und die Elite der Muslime versammelt sich in Syrien.“ Die Dschihadisten nennt er Freiheitskämpfer, und auf die Frage, ob er jungen Menschen zur Ausreise rate, antwortet er: „Ich rate ihnen, ihren Glauben zu leben.“ Das kann man als Ermunterung zum Dschihad verstehen, im juristischen Sinne aber ruft Lau dazu nicht auf.
Vor der Videopräsentation hatte der Angeklagte am Dienstagnachmittag überraschend das Wort ergriffen. „Meinst du, dass ich gewaltbereit bin?“, fragte der Salafistenprediger den Zeugen. „Ich habe nicht gesagt, dass du gewaltbereit bist“, antwortet Dominic Schmitz. Er hatte zuvor aus einem weiteren Video zitiert: Sie seien keine Christen, die auch noch die andere Wange hinhielten, wenn sie angegriffen werden, sagt Lau darin. „Sondern dann gibt es einen Kieferbruch.“ Für Schmitz zeigt das: Lau hat sich eindeutig radikalisiert.
Fünf Jahre lang haben die beiden Männer, die sich im Hochsicherheitstrakt des Düsseldorfer Oberlandesgerichts schräg gegenübersitzen, eng zusammengearbeitet. Viele der Videos, die Lau als Prediger bekannt machten, nahm der 28-jährige Schmitz auf und lud sie auf YouTube hoch. Ihre Moschee in Mönchengladbach wurde so zu einem der Hotspots der Salafisten.
Dann stieg Schmitz aus. Lau dagegen wirft die Bundesanwaltschaft Unterstützung der terroristischen Vereinigung Jamwa in Syrien vor, ein Teil der Gruppe gehört inzwischen zum IS. Der 35-Jährige soll Ansprechpartner für Kampf- und Ausreisewillige in Deutschland gewesen sein und 2013 zwei Männer nach Syrien vermittelt haben.
Schmitz ist der erste Zeuge, der in dem Prozess aussagt, über seine Erfahrungen in der Salafistenszene hat er bereits ein Buch geschrieben. Zunächst sei es vor allem um Missionsarbeit gegangen, über das Thema Dschihad habe man so gut wie nicht gesprochen, sagt Schmitz. Lau habe ihm gesagt, Leute, die nur Krieg und Gewalt im Kopf hätten, ekelten ihn an. Später aber habe er sich diesen Leuten angenähert, darunter dem Verein „Die wahre Religion“.
Angeklagter Sven Lau zum Zeugen
Für die Szene sei der Tod der Ägypterin Marwa El-Sherbini, die im 2009 Dresdener Landgericht aus Islamhass von einem Russlanddeutschen erstochen wurde, ein Wendepunkt gewesen. Danach habe bei den Salafisten ein ausgeprägtes Freund-Feind-Denken geherrscht: „Alle hassen uns, nur weil wir Muslime sind.“ Zu den eigentlichen Vorwürfen gegen Lau kann Schmitz nichts beitragen, ab 2011 wandte er sich von ihm ab.
Interessiert ist das Gericht auch an Schmitz’ Freund Konrad S., der auch zu der Truppe um Lau gehörte. S. und ein weiterer Freund schlossen sich – wohl ohne Hilfe Laus – laut Ermittlungen 2013 Jamwa an, S. befehligt inzwischen eine Untergruppe. Lau soll Einfluss auf die Zusammensetzung der Gruppe genommen haben. „Konrad war ein sehr, sehr guter Freund von mir und von Sven auch“, sagt Schmitz vor Gericht. Doch er sei leicht beeinflussbar. S. ging zunächst nach Ägypten, 2013 weiter nach Syrien.
„Du hast Konrad überredet nach Ägypten zu gehen, und lässt ihn dann allein“, wirft Schmitz am Ende des Prozesstages Lau vor. Dessen Antwort ist knapp: „Ich habe niemanden überredet.“
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