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US-Footballspieler Colin KaepernickSitzenbleiben gegen Rassismus

Footballspieler Colin Kaepernick steht bei der US-Hymne nicht auf, um gegen Rassismus zu protestieren. Nirgends provoziert das mehr als in der NFL.

Colin Kaepernick (Mitte) setzte sitzend ein Zeichen Foto: imago/ZUMA-Press

Schließlich fühlte sich auch Donald Trump bemüßigt, Colin Kaepernick die Meinung zu sagen. Der eine ist Präsidentschaftskandidat der Republikaner. Der andere ist Footballspieler der San Francisco 49ers. „Schrecklich“, findet es Trump, wie sich Kaepernick verhalten habe. Er solle sich „doch ein anderes Land suchen, in dem es ihm besser gefällt“.

Trump mag nicht die Mehrheit der US-Amerikaner vertreten, aber allein steht der notorische Lautsprecher mit seiner Meinung beileibe nicht. So findet der Präsident der Polizeigewerkschaft von San Francisco, ein gewisser Martin Halloran, Kaepernick sei „dämlich“, „peinlich“ und „schlecht beraten“. In Zeitungskommentaren und sozialen Medien wurde dem Sportler nahegelegt, er solle seine US-Staatsbürgerschaft zurückgeben, und gemutmaßt, Kaepernick habe Verbindungen zu den Attentätern des 11. September.

Warum die ganze Aufregung? Vor dem Vorbereitungsspiel der 49ers am vergangenen Freitag gegen die Green Bay Packers hatte es Ersatz-Quarterback Kaepernick gewagt, beim Abspielen der Hymne nicht – wie allgemein üblich – stramm zu stehen und die linke Hand aufs Herz zu legen. „Ich werde nicht aufstehen für ein Land, in dem Schwarze unterdrückt werden“, begründete er sein Sitzenbleiben auf der Bank. „Das Ganze ist wichtiger als Football, und es wäre selbstsüchtig, wenn ich wegsehen würde. In den Straßen liegen Leichen und es gibt Leute, die mit Mord davon kommen.“

Kaepernicks größte Leistung bislang war eine sportliche: Vor dreieinhalb Jahren verlor er mit den 49ers unglücklich einen der spektakulärsten Superbowls der Football-Geschichte. Nun katapultierte sich der 28-Jährige mitten hinein in die aktuelle Diskussion über Polizeigewalt und Rassismus, die in den USA nach mehreren tödlichen Übergriffen und zum Teil gewalttätigen Protesten geführt wird.

Zur Thematik geäußert haben sich schon viele bekannte Sportler: NBA-Profis trugen zum ­Aufwärmen Protest-T-Shirts, Stars wie Kobe Bryant oder LeBron James engagieren sich für die Black-Lives-Matter-Bewegung und Serena Williams hob nach ihrem Sieg in Wimbledon im Gedenken an die Black Panther die linke Faust.

Selbstverständnis des Profifootballs in Frage gestellt

Doch niemand provozierte dermaßen erregte Reaktionen wie Kaepernick. Das hat auch damit zu tun, dass keine Profiliga in den USA ein dermaßen enges Verhältnis zum Militär pflegt wie die NFL. Rituell röhren vor nahezu jedem Spiel Kampfjets übers Stadion, riesige Stars-and-Stripes-Banner werden übers Feld getragen, in der Halbzeitpause werden rührende Wiedersehensszenen zwischen von Auslandseinsätzen zurückkehrenden Soldaten und ihren Angehörigen inszeniert.

Die NFL hat es geschafft, sich ein patriotisches Image zu geben, dass sie bisweilen auch dazu benutzt, die wachsende Kritik an ihr, die sich vor allem auf die gesundheitlichen Risiken des Sports konzentriert, abzuwehren. So gesehen rührt Kaepernicks Protest nicht nur an einen besonders empfindlichen Punkt der amerikanischen Seele, sondern stellt auch das Selbstverständnis des Profi­footballs in Frage, der sich als nur leicht zivilisierte Form des Krieges inszeniert: Die Generäle an der Seitenlinie schicken behelmte Krieger in eine Schlacht, in der es um Raumgewinn geht. Und Soldaten sollen gefälligst keine eigene Meinung haben.

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Aber Kaepernick hat auch Unterstützer gefunden. „Er nutzt seine Rechte und er spricht die Wahrheit aus“, sagte Ex-Football-Profi und Schauspieler Jim Brown, eine Ikone der schwarzen Bürgerrechtsbewegung. Auch viele andere Sportler und Kommentatoren finden, Kaepernick hätte sich zwar der US-amerikanischen Flagge gegenüber respektlos verhalten, halten seine Kritik aber für berechtigt.

Und vom bekanntesten seiner Kritiker hat Colin Kaepernick eh keine gute Meinung: Donald Trump sei „offen rassistisch“. Diese Bemerkung hat ­übrigens noch keinen großen Widerspruch hervor gerufen.

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2 Kommentare

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  • Das Patriotismus-Problem der US-Amerikaner scheint nicht kleiner zu sein als das der Deutschen, sondern größer. Vielleicht, weil die Hegemonie des US-Militärs in allen Fragen der Begriffs-Definition erst jetzt ganz langsam zu bröckeln beginnt. In Deutschland hinterfragt man sein Gefühl schon etwas länger. Seit den 40-er Jahren des letzten Jahrhunderts ungefähr.

     

    Schuld daran, dass das US-Militär seine Lufthoheit über die Köpfe US-amerikanischer Staatsbürger so langsam verliert, ist zweifellos das gewachsene Selbstbewusstsein schwarzer US-Amerikaner. Diese bestehen neuerdings wieder etwas lauter als zuletzt darauf, dass ihre Leben etwas zählen. Und zwar nicht nur als Opfergaben. "Die Schwarzen" wollen vor allem leben in "ihrem" Land, niht sterben, und zwar gleichberechtigt.

     

    Leider hat es im Deutschland des Jahres 1941 keine Jüdische-Leben-zählen-Kampagne gegeben. Es gab nicht einmal eine deutsche-Leben-zählen-Kampagne. Vier Jahre später war das Verhältnis zwischen Staat und Bürgern nachhaltig gestört. Vordergründig wegen des verlorenen Krieges, unterschwellig jedoch auch deswegen, weil man als deutscher Patriot seines Lebens nicht mehr sicher war im "eigenen" Land. Zumindest dann nicht, wenn man zusätzlich Jude war, Sozialdemokrat, Christ, Homosexueller...

     

    Patriotismus, weiß das Lexikon, ist die "emotionale Verbundenheit mit der eigenen Nation". Im Deutschen wird anstelle des Lehnwortes auch der Begriff "Vaterlandsliebe" verwendet. Damit wird der Irrsinn, der in unregelmäßigen Abständen ganze Nationen ergreift, ganz besonders deutlich, finde ich. Soll man denn einen Vater lieben, der einem ohne Zögern umbringt, wenn er es für nötig hält?

     

    Ich denke nicht. Und so wie ich denken offenbar gerade wieder ein paar Leute mehr. Auch in den USA. Colin Kaepernick beispielsweise. Donald Trump offenbar nicht. Der will wohl gern ein Vater werden, wie er im Alten Testament geschrieben steht.

  • Colin Kaepernick. Elite-Quarterback. Race Matters. Nuf said.