Sigmar Gabriels TTIP-Volte: Der Freihandels-Schlawiner

Jetzt glaubt der SPD-Chef nicht mehr an das Abkommen mit den USA. Alles nur Taktik, um mal wieder eine Abstimmung zu gewinnen.

Gabriel im Interview sitzt neben einem Journalisten im Grünen

Gabriel erzählt dem ZDF seine Ansicht über TTIP Foto: dpa

Berlin 24 Prozent (–2 Prozentpunkte), Mecklenburg-Vorpommern 28 Prozent (–7), Bundestag 22 Prozent (–4). Klar sind Umfragen keine Wahlergebnisse. Und Landtagswahlumfragen sind keine Bundestagswahlergebnisse. Aber wer will eigentlich noch Sigmar Gabriel irgendeinen Posten in diesem Land anvertrauen, zumal den eines Kanzlerkandidaten, wenn seine SPD bei quasi jeder Wahl übel auf die Mütze bekommt?

Die Aussagen des Wirtschaftsministers zu TTIP und Ceta sind als, vorsichtig gesagt, taktisch zu beurteilen. Ja, die Verhandlungen für das Frei­handelsabkommen zwischen der EU und den USA sind vielleicht „de facto“ gescheitert. So hat Gabriel es im ­Interview erklärt. Aber: Das heißt keineswegs, dass sie nicht eines Tages wieder aufgenommen und zu Ende geführt werden. Genau so, wie es Kanzlerin und EU-Kommission fordern – und wie es sowohl Hillary Clinton als auch Donald Trump fordern werden, wenn sie oder er PräsidentIn ist.

Gabriel treibt beim Thema Freihandel die Angst vor den eigenen Leuten. Kurz nach den beiden Landtagswahlen steht ein Parteikonvent an, auf dem er wenigstens Ceta, das Schwesterabkommen mit Kanada, durchboxen will – um mal eine Abstimmung zu gewinnen. Die Aussichten sind miserabel: Die Parteilinke bockt, einzelne Landesverbände tun das auch.

Etwas TTIP-Skepsis kann da nicht schaden, meint der Freihandels-Schlawiner wohl. Und glaubt zudem, er könne den Konvent mit dem billigen Versprechen, die EU werde mit Kanada die Kritikpunkte aus der SPD nachverhandeln, an der Nase herumführen. Fakt ist: Die Kommission denkt nicht an eine nochmalige Veränderung des Vertragstexts.

Danke CDU, merci Wirtschaftsverbände

Noch vor wenigen Monaten hat Gabriel die Abkommen verteidigt. Wer glaubt jetzt die neue Volte? Heute hü, morgen hott: Der Wünsch-dir-was-Kurs der SPD ist ja ein Grund für die debakulösenUmfrageergenisse. Danke, CDU, merci, Wirtschaftsverbände, da weiß man wenigstens, woran man ist.

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Ist Leiter des Ressorts Wirtschaft und Umwelt. Er hat in Bonn und Berlin Wirtschaftsgeschichte, Spanisch und Politik studiert. Ausbildung bei der Burda Journalistenschule. Von 2001 bis 2009 Redakteur in Bremen und Niedersachsen-Korrespondent der taz. Dann Financial Times Deutschland, unter anderem als Redakteur der Seite 1. Seit 2012 wieder bei der taz.

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