Wirtschaftskrise in Venezuela: Demo für Abwahlreferendum
Tausende fordern eine rasche Abstimmung über Präsident Maduro. Die Nahrungsmittelknappheit bleibt bestehen. Im Zoo von Caracas schlachteten Unbekannte ein Pferd.
RIO DE JANEIRO epd/dpa | Tausende Venezolaner haben am Mittwoch für die rasche Durchführung eines Referendums über das Mandat des sozialistischen Präsidenten Nicolás Maduro demonstriert. Sie forderten den Nationalen Wahlrat (CNE) auf, die Auszählung der abgegebenen Unterschriften zu beschleunigen, wie die Zeitung El Nacional in ihrer Online-Ausgabe berichtete. Laut CNE-Präsidentin Tibisay Lucena werde die Behörde frühestens kommende Woche geprüft haben, ob die Opposition die erforderliche Zahl an Unterschriften zusammengetragen hat.
Das konservative Oppositionsbündnis MUD hatte in Juni verkündet, weit mehr als die erforderlichen 200.000 Unterschriften gesammelt zu haben. Das MUD wirft der sozialistischen Regierung vor, die Bemühungen um ein in der Verfassung vorgesehenes Abwahlreferendum zu boykottieren.
Sollten die Unterschriften für gültig erklärt werden, müsste die Opposition in einem zweiten Schritt vier Millionen Unterschriften für ein Abwahlreferendum sammeln. Sollte dies gelingen und Maduro in einem Referendum vor dem 10. Januar 2017 unterliegen, würden Neuwahlen ausgerufen. Sollte das Referendum erst später und damit innerhalb von Maduros letzten zwei Amtsjahren stattfinden, würde der Vizepräsident sein Amt übernehmen. Dies will die Opposition verhindern.
Das ölreiche südamerikanische Land leidet unter anderem wegen des Ölpreisverfalls unter einer schweren Wirtschafts- und Finanzkrise. Es wird ein Staatsbankrott befürchtet. Die Wirtschaft ist 2015 um sieben Prozent geschrumpft, die Inflation liegt im dreistelligen Bereich. Ein großer Teil der Venezolaner leidet unter Engpässen bei der Versorgung mit Nahrungsmitteln und Hygieneartikeln. Selbst in Hochburgen der Sozialisten wächst wegen der schlechten Versorgung der Widerstand gegen Präsident Nicolás Maduro.
Zerstückeltes Pferd gefunden
Wegen des Nahrungsmittelmangels sind jetzt möglicherweise auch die Tiere des Zoos in der Hauptstadt Caracas nicht mehr sicher. Im Zoo Caricuao wurde ein zerstückeltes Pferd gefunden. Bisher unbekannte Täter hätten einen Zaun durchbrochen und das Pferd getötet, „um das Fleisch zu entnehmen“, teilte die Staatsanwaltschaft am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur mit.
Neben den Menschen in Venezuela leiden auch die Zootiere unter der schlechten Versorgung. Die Gewerkschaftsvertreterin der Zoomitarbeiter, Marlene Sifontes, hatte bereits wenige Tage zuvor kritisiert, dass die Tiere im 630 Hektar großen Zoopark nicht die notwendige Nahrung bekommen. Im letzten Halbjahr seien 50 Tiere an Hunger gestorben. Umweltminister Ernesto Paiva stritt ab, dass die Tiere unterernährt seien.
Leser*innenkommentare
Henning Lilge
Wir lernen daraus: ohne funktionierendes Steuersystem können in inflationären Zeiten die Preistreiber Gewinne machen, ohne dass davon auch nur ein Cent in den Staatshaushalt fliesst.
Pfanni
Sicher waren früher viele der Demonstranten glühende Anhänger von Chavez‘ „Sozialismus des 21 Jh.“. Sie wussten seine Wohltaten zu schätzen – und gewöhnten sich daran! Um die Finanzierung musste sich Chavez nicht kümmern, das Geld war ja da. Das bekommt Maduro jetzt zu spüren, seit die Petro-Dollars nicht mehr sprudeln.
Was lernen wir in Europa daraus? Gott schütze uns vor jenen Populisten, die uns einreden wollen, man müsse nur den Geldhahn kräftig aufdrehen – Geld sei ja genug da, notfalls wird geborgt – und schon herrsche Frieden / Freude / Eierkuchen!