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Sich selbsterfüllende Prophezeiungen

Propaganda Deutsche TV-Serien floppen im Ausland. Heimische Fernsehmacher sehen das gern anders

von Wilfried Urbe

„Deutsches fiktionales Fernsehen ist im Ausland erfolgreich.“ So und so ähnlich posaunen das Fernsehproduzenten und Sender vor allem in letzter Zeit heraus, um auf die Qualität ihrer Erzeugnisse hinzuweisen. Zum Beweis werden dann auch schon mal positive Kritiken von Fachpublikationen und Zeitungen aus dem Ausland zitiert oder internationale Verkäufe aufgelistet.

Bei genaueren Nachfragen stockt dann aber schon der Kommunikationsfluss. So wurde bisher noch nie mitgeteilt, wie viele Einnahmen aus den „Auslandserfolgen“ tatsächlich erwirtschaftet werden. Der Vertrieb in osteuropäische Länder etwa, die oft und gerne deutsche Fernsehfilme und Serien zeigen, dürfte finanziell wohl kaum ins Gewicht fallen. Und im angloamerikanischen Raum, der synchronisierte Inhalte nicht kennt, sind untertitelte Serien wie „Unsere Mütter, unsere Väter“ oder „Deutschland 83“ Minderheitenprogramm.

Einer, der als Größe gilt, wenn es um internationale Koproduktionen und die Vermarktung nationaler Fernsehinhalte geht, ist Jan Mojto. Der Chef von Beta Film weiß: „Bis zu 15 Prozent der Produktionskosten kann man heute aus den internationalen Verkäufen erreichen, aber das trifft nicht für jede deutsche Serie zu.“ Zum Vergleich: Den Amerikanern gelingt es, manche Serien bis zur Hälfte durch Exporte in andere Länder zu finanzieren.

„Deutsche Narration oder Fiktion war im Ausland ja noch nie erfolgreich, mal abgesehen von manchen Tatortfolgen, beispielsweise ‚Schimanski‘ oder ‚Mord mit Aussicht‘, das in Italien gerne geschaut wird“, urteilt der Leiter des WDR-Programmbereichs Fernsehfilm, Kino und Serie Gebhard Henke, „niemand wartet im Ausland auf deutsche Fiktion, so wie es bei englischen oder US-Filmen der Fall ist.“

Leuchtturmproduktionen

Und das liegt vor allem an der Sprache. „Aber ist es denn ein Werturteil, wenn sich unsere Programme weltweit nicht so gut verkaufen“, fragt sich Henke, „wir machen in erster Linie Geschichten für unser Publikum, was ja schon schwer genug ist.“ Und für die deutschen Film- und Fernsehproduzenten auch auskömmlich. Zwischen 2,1 und 2,4 Milliarden Euro schätzungsweise betragen die klassischen Produktionsumsätze jedes Jahr, die sie vor allem auf dem heimischen Markt erwirtschaften.

Im Vergleich zu früher sind deutsche Programmexporte zwar angestiegen, doch das eigentlich Interessante an diesem Phänomen sieht Jan Mojto darin, dass sich deutsche TV-Entscheider für dieses Phänomen mittlerweile verstärkt interessieren.

„Besonders mit aufwändigen Leuchtturmproduktionen können sich die Sender ein hochwertiges Renommee verleihen“, bestätigt Fiction-Chefin Sabine de Mardt von Warner ITVP Deutschland ebenfalls, „und da muss auch das Finanzierungsmodell stimmen, inklusive Vermarktbarkeit im Ausland.“

So wie bei der Serie „You are wanted“, die in Kooperation mit Pantaleon Entertainment, Warner Bros. Entertainment und Warner Bros. ITVP Deutschland entsteht und gerade hauptsächlich in Berlin gedreht wird.

„Niemand wartet im Ausland auf deutsche Fiktion“

Gebhard Henke, WDR

Der Auftrag zu dieser sechsteiligen Miniserie mit Matthias Schweighöfer, der in der Geschichte Opfer eines Hackerangriffs wird, kam von Amazon. Voraussichtlich im nächsten Frühjahr wird die erste Staffel auf der Streaming-Plattform des Onlineanbieters zu sehen sein.

„‚You are wanted‘ ist unsere erste Zusammenarbeit mit Amazon für eine deutsche Serie und zunächst auf das deutsche Publikum fokussiert. Dennoch gehen wir auch von einer internationalen Auswertung aus“, so die Kölner Produzentin.

Amazon erhofft sich durch sein Engagement aber hauptsächlich eine höhere Popularität bei uns. De Mardt jedenfalls betont, dass in der deutschen Prime­time, insbesondere im Free-TV, in der Regel nur Filme und Serien, die auch als „deutsch“ wahrgenommen werden, beim Publikum große Quotenerfolge erzielen.

Was schließlich den Hype um das erfolgreiche deutsche Fernsehen im Ausland angeht, der scheint vor allem eine Funktion zu haben: die Sender zu bestärken, auch weiterhin bei den Produzenten aufwändige „Leuchtturmprojekte“ in Auftrag zu geben.

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