: Klimaschutz auf Schwedisch
Braunkohle Rot-grüne Regierung in Stockholm genehmigt endgültig Vattenfall-Verkauf an tschechischen Investor. „Klimapaket“ im Emissionshandel soll Proteste beruhigen
Aus Stockholm Reinhard Wolff
Für Brandenburgs SPD-Ministerpräsidenten Dietmar Woidke ist es eine „gute Nachricht aus Stockholm“ und auch sein Kollege Stanislaw Tillich aus Sachsen fand lobende Worte. Aber nicht einmal die schwedische Regierung selbst ist stolz auf ihren Beschluss, den Verkauf der deutschen Braunkohlesparte ihres staatseigenen Energiekonzerns Vattenfall an die tschechische „Energetický a průmyslový holding“ (EPH)zu genehmigen. Am Samstagvormittag lud die rot-grüne Koalition in Stockholm kurzfristig zu einer Pressekonferenz, um die Entscheidung zu verkünden. Der Kauf der Braunkohle sei von Anfang an eine fehlerhafte Entscheidung gewesen, erklärte der sozialdemokratische Wirtschaftsminister Michael Damberg. Sich nun von dieser verlustbringenden Belastung wieder zu trennen werde es Vattenfall ermöglichen, sich auf seine Hauptaufgabe zu konzentrieren, nämlich „die Entwicklung hin zu einer haltbaren Energieproduktion voranzutreiben“.
Die Empörung ist groß. Johan Rockström, Umweltprofessor und Klimaratgeber der schwedischen Regierung sprach er von einem „düsteren Tag“ und einen „zynischen Beschluss“. Annika Jacobson, Chefin von Greenpeace Schweden nannte sie ein „totales politisches Fiasko“ und einem „Bruch des Pariser Klimaabkommens“. In Deutschland beklagten die Umweltschützer von Robin Wood einen „schwarzen Tag für das Klima und die Lausitz“, und der WWF monierte, „Schweden stiehlt sich aus der Verantwortung“
Das versuchte die Regierung in Stockholm zu kontern. Sie verpackte den Beschluss in ein Paket mit der Initiative zu einer „neuen Klimaanstrengung“: Schweden will im EU-Emissionshandel bis 2040 jährlich Verschmutzungsrechte für 30 Millionen Euro kaufen und stilllegen. Laut der grünen Klimaministerin Isabella Lövin soll das Beispiel Schule machen und den Preis der Zertifikate nach oben treiben.
Grundsätzlich hatte sich die rot-grüne Regierung bereits im Herbst letzten Jahres auf einen Verkauf geeinigt und darauf, dass der Käufer, den Vattenfall präsentieren würde, auch den Zuschlag erhalten sollte: Gleich wer dieser sein würde und ohne Rücksicht auf die finanziellen Details und klimapolitischen Auswirkungen. Etwa gleichzeitig erklärte Ministerpräsident Stefan Löfven: „Schritt für Schritt steigern wir die Ambitionen der Klimapolitik.“
Ministerpräsident STEVAN LÖFVEN
Eine Reihe von Klimaforschern, Ökonomen und Gewerkschaftern hatten der schwedischen Regierung vorgehalten, der Käufer plane eine Expansion der klimaschädlichen Kohleverstromung und ihn zu akzeptieren untergrabe deshalb die Verpflichtungen, die Schweden in Paris übernommen habe. Zusammen mit Deutschland solle Schweden auf eine klimagerechte Beendigung der Braunkohle hinwirken. Der Cottbuser Umweltverband „Grüne Liga“ fordert, die Rückstellungen von Vattenfall in Höhe von 1,9 für die Rekultivierung müssten „absolut sicher hinterlegt sein, bevor Gewinne in die Taschen der Oligarchen fließen dürfen“.
Vattenfall teilte mit, der Verkauf an EPH werde nach einer kartellrechtlichen Freigabe durch die EU-Kommission zum 31. August vollzogen.Meinung + Diskussion
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