SYRIEN Konvois erreichen die seit fast vier Jahren belagerte Stadt. Doch Lieferungen für andere Orte werden derzeit noch verzögert: Endlich kommt Hilfe für Daraja
Aus Genf Andreas Zumach
Die rund 8.000 EinwohnerInnen der seit fast vier Jahren von syrischen Regierungstruppen belagerten Stadt Daraja südöstlich von Damaskus haben am späten Donnerstagabend erstmals eine humanitäre Hilfslieferung mit Nahrungsmitteln erhalten. Neun Lastwagen des Syrischen Roten Halbmonds und des Welternährungsprogramms (World Food Programme, WFP) der UNO mit Essen und Medikamenten seien in dem Vorort der Hauptstadt angekommen, teilte der Einsatzleiter des Syrischen Roten Halbmondes, Tamam Mehres, in der Nacht zum Freitag mit. Mit den Hilfsgütern solle die Versorgung der Bevölkerung für einen Monat sichergestellt werden.
Ein Vertreter der Rebellen in Daraja, Schadi Matar, erklärte hingegen, die Menge der gelieferten Nahrungsmittel und Medikamente sei „unzureichend für all die Bewohner unter der Belagerung“. Den Einwohnern seien weitere Lieferungen zugesagt worden. Einen großen Ansturm auf die ersten Lieferungen habe es zunächst nicht gegeben: „Wegen der Bombardierung der Stadt haben viele Leute Angst, aus dem Haus zu gehen und sich in Gruppen zusammenzufinden“, schrieb Matar in einer Twittermeldung.
Vor mehreren Wochen war dem Roten Kreuz und einem Hilfskonvoi der UNO die Einfahrt nach Daraja verwehrt worden, obwohl die syrische Regierung zuvor eine entsprechende Erlaubnis erteilt hatte. Vergangene Woche erreichte dann der erste Transport die Stadt. Allerdings enthielt er – abgesehen von Babynahrung – keine Nahrungsmittel.
Die Zulassung des Hilfskonvois am Donnerstagabend erfolgte, wenige Stunden nachdem der Syrienvermittler der UNO, Staffan de Mistura, in Genf von „Zusagen“ der Regierung berichtet hatte, bis Ende Juni humanitäre Hilfslieferungen in alle 19 Städte zuzulassen, die derzeit von Regierungstruppen und mit diesen verbündeten Milizen belagert werden. Ähnliche Zusagen wurden von der Regierung in der Vergangenheit allerdings häufig nicht eingehalten.
Auch jetzt ist die Skepsis bei der UNO sehr groß. Auf Unverständnis stößt vor allem, warum die Zulassung von Hilfskonvois in die anderen 18 belagerten Städte neben Daraja nicht sofort erfolgt, sondern erst bis Ende Juni möglich sein soll. Die Regierung in Damaskus begründet diese Verzögerung mit dem Ramadan.
Kurden gegen Islamisten:Ein von Kurden angeführtes Bündnis hat die von der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) kontrollierte Stadt Manbidsch im Norden Syriens komplett eingeschlossen. Den Demokratischen Kräften Syriens (DFS) sei es zudem gelungen, weitere Dörfer im Umland einzunehmen, erklärte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Unterstützt wird das Bündnis von Luftangriffen.
Brennpunkt Manbidsch: Die Stadt liegt nahe der türkischen Grenze. Sie ist für die Terrormiliz wichtig, weil sie an der wichtigsten Versorgungsroute zwischen dem Nachbarland und der IS-Hochburg al-Rakka liegt. Nach US-Angaben dient die geplante Befreiung Manbidschs dazu, die Verbindung von IS-Gebieten zur Türkei abzuschneiden. Damit soll vor allem der Zustrom von ausländischen Kämpfern begrenzt werden. (dpa)
Mitte Mai hatte die Internationale Unterstützungsgruppe für Syrien (ISSG), der neben den USA und Russland auch die am Syrienkonflikt beteiligten Regionalmächte Saudi-Arabien, Irak, Katar sowie die Türkei angehören, die vollständige und endgültige Aufhebung aller Belagerungen und sonstigen Zugangsbehinderungen für Hilfskonvois bis spätestens zum 1. Juni gefordert. Falls diese Forderung nicht erfüllt werde, würden verstärkt Hilfsgüter aus der Luft abgeworfen werden, wie dies seit April bereits über der teils von Regierungstruppen und teils vom „Islamischen Staat“ kontrollierten ostsyrischen Stadt Deir al-Sor geschieht.
Diese Ankündigung der ISSG geschah allerdings unter dem Vorbehalt, dass das für Abwürfe aus der Luft zuständige Welternährungsprogramm zunächst die Sicherheitsbedingungen für Hilfsflugzeuge und Hubschrauber im syrischen Luftraum prüft. Diese Prüfung fiel negativ aus. Die syrische Regierung verweigert dem WFP nach wie vor die Genehmigung, den Luftraum über belagerten Städten zu nutzen, sowie die Garantie, dass die Hilfsflugzeuge nicht von syrischen Streitkräften abgeschossen werden.
Der Forderung von syrischen Oppositionsaktivisten, angesichts dieser Weigerung der Regierung Assad sollten Mitgliedsstaaten der ISSG für militärischen Begleitschutz der Hilfsflugzeuge und -hubschrauber des WFP sorgen, wollte bislang keine Regierung der ISSG-Staaten nachkommen.
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