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Am Denkmal ist kein Platz für Politik

PROTEST Am Denkmal für die ermordeten Sinti und Roma demonstrieren am Sonntag rund 60 Roma gegen ihre drohende Abschiebung. In der Nacht lässt die Polizei das Gelände räumen

von Malene Gürgen

„Ihr dürft ruhig reingehen, es ist nicht gefährlich“, ruft der Reiseleiter seiner Touristengruppe zu, die irritiert stehen geblieben ist. Vor dem Eingang zum Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma Europas im Tiergarten stehen am Montagmorgen mehrere Polizisten. Daneben spielt sich eine seltsame Szene ab: Ein Mann in weißem Hemd und Sonnenbrille im Haar, steht mit verschränkten Armen da wie versteinert, während ein anderer Mann mit schulterlangen schwarzen Haaren wild auf ihn einredet.

Der Mann mit der Sonnenbrille ist Uwe Neumärker, Direktor der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas, die neben dem Holocaustmahnmal auch dieses Denkmal hier betreut. Umarmt wird er von Isen Asanovski von der Initiative Romano Jekipe Ano Hamburg (Vereinigte Roma in Hamburg), der hofft, Neumärker für sein Anliegen gewinnen zu können: Rund 60 Roma, darunter mehrere Familien mit Kindern, sind am Sonntagnachmittag aus Hamburg angereist, um gegen ihre drohende Abschiebung zu protestieren. Die Gruppe begann am späten Nachmittag eine Kundgebung auf dem Gelände des Denkmals, kurz nach Mitternacht räumte die Polizei die Veranstaltung.

Er habe ja Verständnis für das Anliegen der Menschen, sagt Neumärker am Montag. „Aber dieser Ort ist ein Ort der Erinnerung und der Trauer, Politik muss woanders stattfinden“, sagt er.

Roma aus dem Roma-Mahnmal räumen lassen? Dass das eine schwierige Gemengelage ist, weiß offenbar auch die Stiftung: „Aufgrund der sensiblen Situation haben wir uns ganz bewusst entschieden, auf eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch zu verzichten“, sagt eine Sprecherin am Montag.

Die Berliner Polizei widerspricht dieser Darstellung: Gegen 18 Uhr, also eine gute Stunde nach Beginn der Besetzung habe die Stiftung eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch gestellt. Nachdem sich die Besetzer nicht dazu hätten überreden lassen, ihren Protest an einem anderen Ort fortzusetzen, wird das Gelände dann geräumt, rund 130 Beamte sind dabei laut Polizeiangaben im Einsatz.

„Wir haben geglaubt, gerade hier an diesem Ort, der doch daran erinnert, wie grausam unsere Vorfahren behandelt worden sind, würde man Verständnis dafür haben, dass wir uns gegen die unmenschlichen Abschiebungen wehren“, sagt ein weiterer Roma-Aktivist, der nicht namentlich genannt werden will. Dass die Polizei in voller Montur auf das Gelände gestürmt und bei der Räumung auch Kinder von ihren Eltern getrennt habe, könne er nicht verstehen.

„Nach der Räumung konnten wir für einen Großteil der Leute Übernachtungsplätze organisieren“, sagt eine Unterstützerin am Montag. Zu einem Teil der Gruppe sei der Kontakt aber abgebrochen, nachdem dieser von MitarbeiterInnen der Stiftung in ein Taxi gesetzt und zur Notunterkunft Franklinstraße in Charlottenburg geschickt wurde. Eine Mitarbeiterin der Stiftung bestätigte auf Anfrage, KollegInnen hätten sich „um die Unterbringung mehrerer Familien gekümmert“, ein Kontakt bestehe derzeit nicht.

„Wir werden unseren Protest fortsetzen“, sagt der Hamburger Roma-Aktivist Isen Asanovs­ki am Montagnachmittag, „und zwar in Berlin.“

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