TOP 19 verschwindet:
Keine Debatte über Exzellenz

Bundestag Eine Diskussion findet sich plötzlich nicht mehr auf der Tagesordnung. Aber warum?

Exzellent: die Uni Göttingen Foto: Swen Pförtner/dpa

BERLIN taz | Wahrscheinlich hätte Tagesordnungspunkt 19 nie so viel Aufmerksamkeit bekommen, wenn er nicht plötzlich verschwunden wäre. Es geht um die „Vereinbarte Debatte Weiterentwicklung der Exzellenzinitiative und Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses“ am Freitag im Bundestag.

Ein wichtiges Thema ohne Zweifel, hinter dem immerhin einige Milliarden Euro stecken, die Bund und Länder in den nächsten Jahren in Elite­unis, Spitzenforschung und in NachwuchsprofessorInnen investieren wollen. In der jüngsten Zeit war Kritik aus der Wissenschaftscommunity laut geworden. Doch im Grunde sind sich Bund und Länder bei der sogenannten Exzellenzinitiative bereits einig geworden, es fehlt nur noch das Placet der Ministerpräsidenten und der Kanzlerin am 16. Juni. Die Parlamentarierinnen wären also nicht zusammengekommen, um ihre Zustimmung zu erteilen, sondern hätten lediglich ihre Meinung kundgetan. Doch die Debatte verschwand am Montag von der Agenda.

Warum? Nach Lesart der Grünen, die das Thema mit der Linksfraktion angeregt und mit Union und SPD abgesprochen hatten, haben die Regierungsfraktionen kalte Füße bekommen. „Dass beide die Debatte mit einer fadenscheinigen Begründung gekippt haben, öffnet Raum für Spekulationen: Ist die Brückenfinanzierung für die laufende Exzellenzinitiative gefährdet? Hat Schäuble ‚Njet‘ gesagt? Oder hakt es beim Nachwuchspakt?“, mutmaßt der Grünen-Obmann im Bildungsausschuss Kai Gehring und schlussfolgert: „Vor all diesen Fragen hat die Bundesregierung offensichtlich Angst, sodass die Regierungsfraktionen sich selbst einen Maulkorb verpasst haben.“

Dagegen führt SPD-Vizefraktionschef Hubertus Heil rein pragmatische Gründe ins Feld: Man wolle die Milliarden für die Forschung im Zusammenhang mit dem Stellenprogramm für die Nachwuchsforscher debattieren. Als die Bundestagsdebatte vom Ältestenrat – so heißt das Gremium jener amtserprobten ParlamentarierInnen, welche unter anderem die Tagesordnungen festlegen – auf die Agenda gesetzt wurde, war man zuversichtlich, dass beides unter Dach und Fach sein werde. Dem ist aber nicht so. Beim Pakt für den wissenschaftlichen Nachwuchs, in dessen Rahmen in den nächsten Jahren 1.000 Stellen für Nachwuchsprofessuren finanziert werden sollen, herrsche noch Klärungsbedarf.

Bund und Länder haben für den 20. Mai eine Sondersitzung in der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz anberaumt. In diesem Punkt scheint Gehring also recht zu haben, es gibt also doch noch Differenzen.

„Hat Schäuble ‚Njet‘ gesagt?“

Kai Gehring, Grünen-Obmann im BildungsauSschuss des Bundestages

„Aber es ist ja kein Schaden entstanden“, schickt Heil nach. Die CDU-Abgeordnete Alexandra Dinges-Dierig sieht das ähnlich: Man habe lediglich die Entscheidung des Bund-Länder-Treffens abwarten wollen, um dann den aktuellen Stand zu debattieren. Die Debatte sei also nicht abgesetzt, sondern lediglich verschoben worden und werde im Juni nachgeholt. Dass die Abgeordneten über etwas sprechen werden, was allein die Exekutive beschließt, sieht sie nicht als Manko. Im Gegenteil: „Das ist ein Zeichen von Selbstbewusstsein.“ Es zeige, wie wichtig das Thema sei. Anna Lehmann