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Kritik aus Koalition an Flüchtlingsdeal mit Türkei

EU Der SPD-Rechte Kahrs nennt Vereinbarung „halb gar“. Erdoğan könne machen, was er wolle

BERLIN dpa | Vor der Entscheidung über die Visafreiheit für Türken wächst die Kritik an dem von Bundeskanzlerin Angela Merkel initiierten EU-Türkei-Abkommen. „Merkel braucht den halb garen Flüchtlings-Deal mit Ankara“, kritisiert Johannes Kahrs, Chef des einflussreichen Seeheimer Kreises in der SPD, in der Welt am Sonntag. „Erdoğan kann machen, was er will – Merkel macht mit. Schade.“

Auch Norbert Röttgen (CDU), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses, sagte: „Wir sollten nicht mehr davon sprechen, dass die Türkei der Schlüssel zur Lösung der Flüchtlingskrise sei. Das maßgeblich von Ahmet Davutoğlu gestaltete EU-Türkei-Abkommen kann ein Baustein für eine Lösung werden.“ Das funktioniere aber nur, wenn sich die Türkei auch nach Davutoğlus Abgang an das Vereinbarte halte.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hatte seinen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoğlu zum Rückzug gedrängt. Am Freitag hatte Erdoğan in einer Rede die Einführung eines Präsidialsystems angekündigt und Forderungen der EU nach einer rechtsstaatlichen Ausgestaltung von Antiterrorgesetzen eine Absage erteilt. „Wir gehen unseren Weg, geh du deinen Weg“, sagte er an die Adresse der EU. „Einige dich, mit wem du willst.“ Deshalb warnt auch CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt: „Die Entwicklungen in der Türkei tragen nicht gerade dazu bei, Vertrauen zu stärken.“ Die Kriterien der Visafreiheit seien „weder verhandelbar noch beliebig interpretierbar. Die EU-Kommission darf hier nichts übers Knie brechen.“ Schon aus Sicherheitsgründen müssten die noch fehlenden Bedingungen eins zu eins erfüllt werden.

Die EU hatte der Türkei für die Rücknahme von Flüchtlingen aus Griechenland den Fall des Visazwangs ab Ende Juni versprochen. Die EU-Kommission gab ihr grünes Licht nur unter Bedingungen – die Änderung der Antiterrorgesetze gehörte dazu. Ankara muss bei mehreren Kriterien nachbessern, etwa bei der Korruptionsbekämpfung, dem Datenschutz und Zusammenarbeit mit der EU-Polizeibehörde Europol.Ausland

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