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Ein elektrisierendes Geschenk

Subvention Insgesamt 1,6 Milliarden Euro machen Bund und Industrie locker, um den Verkauf von Elektroautos zu fördern. Bis 4.000 Euro erhält, wer ein Fahrzeug kauft – aber nur, solange der Geldvorrat reicht

Vorstellung des VW Golf E. Das Fahrzeug kostet derzeit ab 34.900 Euro – macht mit Prämie 30.900. Die Reichweite beträgt laut ADAC etwa 145 Kilometer Foto: Stefan Boness/Ipon

Aus Berlin Hannes Koch

Da könnte so mancher den Fuß vom Gas nehmen: Möglicherweise schon ab kommenden Juni können Käufer von Elektroautos einen Zuschuss von 4.000 Euro erhalten. Das beschloss die Bundesregierung am Dienstagabend während ihres Treffens mit den Vorständen von BMW, Daimler und VW. Erwerber von Hybridfahrzeugen mit kombiniertem Benzin-Elektro-Antrieb sollen 3.000 Euro bekommen.

Der Kabinettsbeschluss, mit dem das Programm startet, ist für Mai geplant. Nach achtjähriger Debatte über das Thema will die Regierung der deutschen Autoindustrie einen Anschub geben, damit diese bei den Elektroautos nicht den Anschluss an die internationale Entwicklung verliert. „Das Auto wird neu erfunden“, sagte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) am Mittwoch. Deshalb sei es eine Frage der „Industriepolitik“, dass die deutschen Unternehmen entscheidend mitmischen.

Dafür hält Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) es für nötig, den Markt für stromgetriebene Autos in Deutschland schnell zu stimulieren. Die Kaufprämie soll dazu beitragen. Bisher rollen höchstens 50.000 Strom-Pkws auf hiesigen Straßen. Dank der neuen Förderung könnte ihre Zahl in den kommenden drei Jahren um 400.000 steigen. Eine Million elektrisch betriebene Fahrzeuge bis 2020 hat Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gar vor drei Jahren prognostiziert. Das war wohl ein wenig zu hoch gegriffen.

Den Zuschuss erhalten Käufer, die ein Elektrofahrzeug zum Preis von bis zu 60.000 Euro erwerben. Teurere Luxuslimousinen werden von der Förderung ausgeschlossen. Die Hälfte der Prämie zahlt der Staat aus Steuermitteln, die andere Hälfte sollen die Hersteller gewähren. „Wer zuerst kommt, erhält die Prämie“, sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Wenn das eingeplante Geld weg ist, endet das Programm. Längstens läuft es bei 2019.

„Die Kaufprämie für Elektroautos ist alles andere als nachhaltig“

Claudia Kemfert, DIW

Insgesamt wird die Förderung 1 Milliarde Euro aus dem Staatshaushalt kosten. 300 Millionen fließen in den Neubau von 15.000 zusätzlichen Stromtankstellen, 100 Millionen dienen dem Kauf von E-Fahrzeugen für öffentliche Institutionen und Firmen. 600 Millionen Euro stehen aus Steuergeld für die Kaufprämie zur Verfügung. Weitere 600 Millionen – 50 Prozent der Prämie – will die Industrie dazuschießen, indem sie die Kaufpreise ihrer E-Mobile senkt. Das haben BMW, Daimler und VW zugesagt. Andere Unternehmen können sich anschließen.

Den Ausgaben muss der Haushaltsausschuss des Bundestags noch zustimmen. Dort sei noch „Überzeugungsarbeit“ zu leisten, sagte Schäuble. Denn unter anderem in der Unionsfraktion fragen sich so manche, ob profitable Unternehmen wie BMW und Daimler eine neue staatliche Subvention benötigen. Auch aus anderer Richtung kommt Kritik. Die „Kaufprämie für Elektroautos ist kurzsichtig und alles andere als nachhaltig“, sagte Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). „Denn die Politik ist durch zu lasche Vorgaben und zu geringe Emissionsgrenzwerte mit dafür verantwortlich, dass die deutsche Autoindustrie die Zukunft verschläft.“ Kemfert forderte, die niedrige Dieselsteuer auf die Höhe für Benzin anzuheben.

Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel erklärte, man habe die Autokonzerne ermahnt, mehr an das Gemeinwohl zu denken und sich nicht ständig gegen staatliche Umweltpolitik zur Wehr zu setzen. Die Bundesregierung hat die Subvention aus öffentlichen Mitteln beschlossen, nachdem in den vergangenen Monaten herausgekommen war, dass Autohersteller wie Volkswagen die Autokäufer und die Öffentlichkeit jahrelang mit geschönten Abgaswerten betrogen haben.

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