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Lebendig verbrennen für einen Hund

BENEFIZ Der Berliner Club ://about blank zeigt sich solidarisch und feiert für den Erhalt des gefährdeten Hamburger Ladens Golden Pudel

Etwas Punk, etwas Techno, ein bisschen links mit Haltung – so der Querschnitt der Raver

„Im Pudel auflegen zu dürfen war der schönste Tag meines Leben“, schwärmt der knochige Kerl an der Bar, die blonden Haare fallen ihm struppig ins Gesicht. Ein bisschen Punk, ein bisschen Techno, ein bisschen links mit Haltung – der Raver stellt einen guten Querschnitt der Feiernden dar, die sich am Samstagabend im Berliner Club ://about blank eingefunden haben.

In der Nacht zum 14. Februar sei er selbst im Hamburger Club Golden Pudel gewesen, hatte zuvor noch ein Foto des kleinen Häuschens am Fischmarkt geschossen. Es könnte das letzte Bild des intakten Clubs gewesen sein, denn in der selben Nacht ging er – vermutlich infolge von Brandstiftung – in Flammen auf. „Burn to be Alive“ ist das Motto der Berliner Party, die sich mit dem Pudel-Kollektiv solidarisiert.

War die Zukunft des Clubs bereits vor dem Brand ungewiss, so ist sie es jetzt umso mehr. Unstimmigkeiten zwischen den beiden Besitzern Rocko Schamoni und Wolf Richter, die das Gebäude 2008 übernahmen, hatten sich zum Kleinkrieg zwischen den Parteien entwickelt. 2011 kam es zur inoffiziellen Teilung, Schamoni betrieb den Club im Untergeschoss, Richter das Restaurant Oberstübchen im oberen Stockwerk. Doch es geht um mehr als einen Streit unter Freunden.

Im Konflikt um den Pudel treffen Weltanschauungen aufeinander: auf der einen Seite die „Pudel-Familie“, die den Club als „nicht kommerziellen, kollektiven Freiraum“ verseht, auf der anderen Seite das Oberstübchen, das wie ein „normales“ Restaurant geführt wurde. Eben auch mit kommerziellen Interessen. Am 20. April sollte es in der Folge des Streits zur Teilungsversteigerung kommen.

„Der Pudel ist eine Institution im Hamburger Nachtleben!“, brüllt mir ein Partygast auf der Tanzfläche ins Ohr. Ralf Köster, „Allzweckwaffe“ des Pudel-Teams und Kurator der Veranstaltungsreihe MFOC, thront im Kapuzenpulli hinter dem DJ-Pult, das weiße Haar akkurat gescheitelt. Neben Techno-Urgestein Thomas Fehlmann gibt sich auch Julius Steinhoff, Chef des Hamburger Vorzeigelabels Smallville, die Ehre.

Weiblicher Star des Abends

Star des Abends bleibt jedoch Helena Hauff. Ketterauchend und mit wirrem Haar hämmert sie der Menge ihren industriellen Technosound in die Gehörgänge. Seit Beginn ihrer DJ-Karriere unterhielt Hauff eine Veranstaltungsreihe im Pudel und arbeitete eine Zeit lang auch hinterm Tresen. „Der Pudel hat mich aktiv werden lassen, mich mit Leuten zusammengebracht, die ich sonst wohl niemals getroffen hätte. Kein Feuer kann das zerstören“, sagte sie dem Magazin Groove. Dass der Pudel für Besucher und Veranstalter mehr als nur ein Ort zum Feiern ist, wird in Berlin mehr als deutlich.

Der Termin zur geplanten Zwangsversteigerung wurde nun auf unbestimmte Zeit verschoben. Laut einer Erklärung des Pudel Clubs kommt es jedoch erneut zu Behinderungen. So heißt es, Richter betreibe eine „systematische Verzögerung“ der Renovierungsmaßnahmen und habe durch seinen Anwalt mitteilen lassen, dass der „ ‚Anspruch auf Wiederherstellung der Mietsache‘ aufgrund der großen Gebäudeschäden nicht mehr bestehen würde“. Sollte dies durchgesetzt werden, wäre der bis 2029 bestehende Mietvertrag nicht mehr rechtsgültig. „Die angestammte Behausung des Hundes mit dem struppigen Fell wird dem Kapitalmarkt entzogen und geht in eine Stiftung über“, proklamiert das Pudel-Team in einer „Kampfansage“ als einzige Lösung.

Und es geht weiter: Letzte Woche begannen die Arbeiten am „Protestbau“ eines Mini-Pudel-Salons auf den Stufen hinter der Ruine. Dieser Hund hat noch nicht ausgebellt. Laura Aha

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