Stände in direkter Nähe

LEIPZIGER BUCHMESSE II Linke Verlage protestieren gegen den Messeauftritt des rechtspopulistischen Magazins „Compact“

In Halle 5 findet man auf der Leipziger Buchmesse für gewöhnlich eine Reihe linker Verlage, die dort ihre Stände haben – die beiden Hamburger Argument und Laika, um nur zwei zu nennen. In unmittelbarer Nähe hatte sich in diesem Jahr aber auch ein Magazin postiert, das mit einem hoch aufragenden, schon von weitem sichtbaren schwarzen Banner für sich warb. „Mut zur Wahrheit“ wurde darauf versprochen. An den Zugängen zur Standfläche waren, für die Buchmesse eher unüblich, Sicherheitsleute in schwarzen Anzügen postiert.

Compact heißt dieses „Magazin für Souveränität“ mit Sitz in Leipzig, als Chefredakteur zeichnet Jürgen Elsässer verantwortlich. Früher ein linker Publizist, betreibt der 59-Jährige mit Compact inzwischen ein Querfront-Magazin, in dem rechtspopulistische Positionen vertreten werden und das eine große Nähe zur Partei AfD und der Pegida-Bewegung aufweist: Elsässer sprach bereits als Redner bei Veranstaltungen von AfD und Legida, dem Leipziger Ableger der Pegida. Und selbst den Slogan „Mut zur Wahrheit“ teilt man sich mit der AfD. „Die bessere Kanzlerin“ steht denn auch auf dem Titelblatt der aktuellen Ausgabe, abgebildet ist die AfD-Chefin Frauke Petry.

Spontanes Bündnis

Die anwesenden linken Verlage beschlossen darauf kurzerhand, sich von dieser unerwünschten Nachbarschaft mit einem deutlichen Signal zu distanzieren. Spontan wurde ein Bündnis „Verlage gegen Rechts“ gegründet, am Freitag gab es eine erste Protestaktion. Um 14.30 Uhr versammelten sich linke Verlagsmitarbeiter und Messebesucher rund um den Stand von Compact. Bücher und Transparente wurden hochgehalten, begleitet von den Rufen „Souverän gegen Rechts!“ und „Alertá, Alertá, Antifascista!“

Nach wenigen Minuten war die friedliche Aktion beendet, am Samstag wurde der Protest mit rund 200 Teilnehmern wiederholt. Die Rufe waren dabei noch expliziter: „Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda“ und „Nationalismus raus aus den Köpfen“, hieß es an die Adresse von Compact. Für Sonntag war ebenfalls eine Aktion geplant.

Schon im Vorfeld war der Direktor der Leipziger Buchmesse Oliver Zille in einem offenen Brief aufgefordert worden, den Verlag des Compact-Magazins wieder auszuladen, wozu Zille allerdings keine rechtliche Grundlage sah. Die Antwort folgte in der Nacht zum Donnerstag, als Unbekannte einige Fensterscheiben des Verwaltungsgebäudes der Messe einwarfen und im Internet anschließend ein anonymes Bekennerschreiben veröffentlichten, in dem sie sich dagegen aussprachen, „geistigen Brandstifter_innen ein Forum zu bieten“. Bei den Aktionen auf der Messe war von Gewalt bei den Demonstranten jedoch nichts zu spüren. Einige der linken Verlage haben jetzt vor, nach der Messe eine Stellungnahme zu veröffentlichen.

Tim Caspar Boehme