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„Wir sind aus Fleisch und Blut“

GERECHTIGKEIT Martina Matíc besetzte mit anderen Roma den Hamburger Michel, um der Abschiebung zu entgehen. Ihr Kampf ist noch nicht zu Ende

„Du musst arbeiten, einfach an dir arbeiten“: Ruba   Foto: Miguel Ferraz

Als Roma-Frau in Serbien ist das Leben sehr hart. Frauen haben nicht die gleichen Rechte wie Männer. Wir haben nicht das Recht zu sprechen, keiner hört uns zu. Hier in Deutschland ist das besser – hier gibt es Frauen, die Busfahrerinnen sind! Das gibt es in Serbien nicht. Frauen werden dort für dumm gehalten.

Wir Roma-Frauen arbeiten in Serbien nicht. Wir kriegen keine Jobs. Einmal habe ich mich bei einem Restaurant beworben und sie haben mich zum Bewerbungsgespräch eingeladen. Als ich ankam, haben sie gesehen, dass ich Roma bin, und haben mir sofort abgesagt. Wir Roma können auch nicht zur Schule gehen. Sie sagen, wir stinken und wir waschen uns nicht und wir seien dumm, weil wir nicht zur Schule gehen. Und sie sagen, dass wir nichts wert sind. Aber der Grund, warum wir nicht zur Schule gehen, ist, dass wir kein Geld für Schulbücher und gute Kleidung haben.

Ich kämpfe für Roma-Rechte. Speziell gegen das Gesetz, das die Balkan-Staaten zu sogenannten sicheren Herkunftsländern erklärt. Wir wollen nicht wie Fälle auf dem Papier behandelt werden. Wir sind aus Fleisch und Blut, wir sind Menschen.

Im September haben wir die Hamburger St. Michaelis Kirche besetzt, weil wir Angst hatten, abgeschoben zu werden. Es lagen schon Abschiebebescheide gegen uns vor. Wir waren 43 Menschen und lebten 25 Tage in zwei Räumen der Kirche. Wir mussten auf dem Boden schlafen und hatten nur eine ganz kleine Küche. Aber es war gut, denn wir haben für uns gekämpft, alle zusammen.

Jetzt kämpfen wir immer noch. Die Kirche hat uns Wohnungen gegeben, aber die Situation ist immer noch schwierig.

Wir treffen uns mit UnterstützerInnen und machen viele Veranstaltungen. Wir waren auch auf der Refugee-Conference auf Kampnagel (siehe Kasten) und wollen uns noch mehr mit anderen selbst organisierten Refugee-Gruppen vernetzen. Wir kämpfen ja alle für die gleiche Sache. Es fühlt sich gut an, zusammen mit den Männern auf der gleichen Ebene zu kämpfen.

Ich bin im siebten Monat schwanger, aber ich finde es gar nicht schwierig, den Kampf weiterzuführen. Denn ich will eine bessere Zukunft für mein Kind. Es fällt mir leicht, zu den Treffen zu gehen und weiterzumachen. Ich will kämpfen, ich muss kämpfen.

Ich habe eine Risikoschwangerschaft, aber die medizinische Versorgung ist hier für uns ganz gut, zum Glück. Wir haben zwar keine Gesundheitskarte und auch keine Krankenversicherung, aber wir waren beim Medibüro. Die bezahlen den Arztbesuch für Leute, die keine Papiere haben. Ich hoffe, mein Kind wird in Deutschland geboren.

„Wir wollen nicht wie Fälle auf dem Papier behandelt werden“: Martina Matíc  Foto: Miguel Ferraz
Martina Matíc

21, ist seit einem Jahr in Deutschland. Sie verbrachte rund sieben Monate in einer Großunterkunft, ehe sie mit anderen Roma die Hamburger St. Michaelis Kirche besetzte.

Meine Perspektive ist unter asylrechtlichen Aspekten aber leider nicht gut. Immerhin habe ich jetzt einen Ausweis, weil ich schwanger bin. Wir Roma, die den Michel besetzt haben, haben eigentlich keine Papiere.

Als ich schwanger wurde, hat mein Arzt gesagt, ich kann nicht abgeschoben werden, weil ich nicht fliegen darf. Aber der Amtsarzt hat gesagt, das zählt nicht. Jetzt im siebten Monat sieht endlich auch die Ausländerbehörde ein, dass ich nicht fliegen kann.

Protokoll: KSCHw

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