Das war die Woche in Berlin I: Gott wohnt nicht an der Uni

Die Technische Universität schließt Gebetsräume für muslimische Studierende. Dies richte sich nicht gegen eine bestimmte Religion, so der Präsident.

Muslime beten auf der Straße

Müssen muslimische TU-Studis jetzt auf der Straße beten, wie diese Muslime auf den Philippinen. Foto: ap

Man muss ja nicht gleich eine Kirche sprengen. So wie es 1968 die SED-geführte Leipziger Stadtverwaltung mit der zur Universität gehörenden und vom Krieg verschonten Paulinerkirche tat. Nur um an derselben Stelle ein Heiligenbild von Karl Marx aufzuhängen. Nein, das war nicht gut.

Von solcher Frevelei ist die Entscheidung des Berliner TU-Präsidenten Christian Thomsen, die Genehmigung zur religiösen Nutzung von Räumen seiner Einrichtung aufzuheben, aber auch Welten entfernt. Konkret getroffen hat das muslimische Studierende, die an der TU einen Gebetsraum hatten und eine Turnhalle zum Freitagsgebet nutzten. Das müssen sie künftig außerhalb der Uni tun.

Dass es Protest gegen Thomsens Entscheidung geben würde, war erwartbar, immerhin war die Sondernutzung der Räume jahrzehntelang eingeübte Praxis. Es gab eine Petition muslimischer Studierendengruppen für den Erhalt der Räume, am Donnerstag kam es zu einem Treffen mit dem Präsidenten, das nach Angaben der Unileitung in freundlicher Atmosphäre stattfand. Man habe den Studierenden geraten, sich Räume in Uninähe zu suchen, und man wolle im Gespräch bleiben, hieß es. Revidiert worden sei die Entscheidung nicht.

Thomsen hat aber auch betont, dass sich die Maßnahme im Grundsatz nicht gegen eine bestimmte Religion richtet und auch keine wohlfeile Reaktion auf die Schließung des von konservativen Muslimen vereinnahmten „Raums der Stille“ an der TU Dortmund ist – der Physiker will einfach durchsetzen, was in der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2016 eigentlich der Normalfall sein müsste: dass an einer staatlichen Einrichtung wie einer Universität religiöse Handlungen nichts zu suchen haben – jedenfalls nicht in einer institutionalisierten Form.

So viel akademische Ideologiefreiheit wäre im Übrigen auch der Humboldt-Universität zu wünschen: Die schleppt immer noch eine veritable theologische Fakultät mit sich herum, an der das Personal der evangelischen Landeskirche mit ausgebildet wird, ja sogar mit einem „Universitätsprediger“ kann sie aufwarten.

In Leipzig steht heute übrigens wieder eine moderne Version der Paulinerkirche. Allerdings müssen sich die Gläubigen mit einem „Andachtsbereich“ in dem Gebäude begnügen – etwas anderes war in der mehrheitlich säkularen Stadt dann doch nicht mehr durchsetzbar.

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