: Ganz ohne meinen Staatsrat
Reise Delegation der Handelskammer gibt sich nach der Rückkehr begeistert über die Frauenquote im iranischen Unternehmerverband
Nach der Rückkehr aus dem Iran berichtete eine Bremer Wirtschaftsdelegation von großem Interesse dortiger UnternehmerInnen an einem Ausbau der Handelsbeziehungen. Die Gruppe war für eine Woche nach Teheran, Isfahan und Kashan gereist, um neue Kontakte zu knüpfen. Der Wirtschaftsstaatsrat Ekkehart Siering, der als politischer Vertreter die Reisegruppe hätte begleiten sollen, hatte jedoch kurzfristig abgesagt, sehr zum Ärger von Handelskammer-Vize Eduard Dubbers-Albrecht: „Es ist wichtig, dass Bremen auch politisch repräsentiert wird“, sagte er. Allerdings hatte auch die Handelskammer ihren Teil an der Panne: Sie hatte die Reise auf eine Bürgerschaftswoche gelegt und war auch auf Drängen des Senats nicht vom ursprünglichen Termin abgerückt.
„Der Empfang mit dem iranischen Handelsminister musste aufgrund des Fehlens des Staatsrates abgesagt werden“, so Dubbers-Albrecht weiter. Damit habe man keinen guten Eindruck hinterlassen. Dem stimmt auch Klaus-Rainer Rupp, wirtschaftspolitischer Sprecher der Bremer Linksfraktion, zu: „In einem autoritären Land wie dem Iran gehört es zum guten Ton, dass eine Delegation von einem politischem Repräsentant begleitet wird“.
Im Oktober hatte Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) die mit rund 100 Teilnehmern größte niedersächsische Wirtschaftsdelegation in den Iran begleitet. Der Iran war in den siebziger Jahren einer der wichtigsten Handelspartner Deutschlands, der zweitwichtigste Exportmarkt außerhalb Europas hinter den USA. Seit Ende des Embargos herrsche spürbar Aufbruchstimmung, bestätigt Matthias Fonger, Hauptgeschäftsführer der Handelskammer Bremen. Es gebe viele professionelle Sart-ups und junge gut ausgebildete UnternehmerInnen. Als überraschend bewertete Fonger den hohen Frauenanteil von teils über 50 Prozent.
Angesichts der prekären Menschenrechtslage im Iran behauptet Fonger einen Zusammenhang zwischen Wirtschaft und Politik. „Verbessern sich die Lebensbedingungen durch eine starke Wirtschaft, unterstützt dies die aktuelle Politik und das bedeutet mehr Freiheit für die Menschen.“ Gründe für diese Annahme einer Verbesserung der Menschenrechtslage durch Handel gibt es nicht. So pflegt Deutschland seit Jahrzehnten intensive wirtschaftliche Beziehungen zur Saudi-Arabien, das laut dem Demokratie-Index des Economist zu den fünf autoritärsten Staaten weltweit gehört – ähnlich wie, aber noch schlimmer als der Iran.
Leandra Hanke
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