Endlager für atomaren Abfall: Konzerne mit begrenzter Haftung
AKW-Betreiber sollen die Endlagerkosten teilweise abgeben dürfen. Über die Details eines Deals mit den Energieriesen wird noch gestritten.
Das geht aus dem Entwurf des Abschlussberichts der Atomfinanz-Kommission hervor. Sie erarbeitet im Auftrag der Bundesregierung ein Konzept, wie die Finanzierung des Atomausstiegs sichergestellt werden kann. Offiziell vorgestellt werden soll der Bericht am kommenden Montag; ob es bis dahin gelingt, alle noch offenen Fragen zu klären, ist nach Aussagen von TeilnehmerInnen aber offen.
Hintergrund ist die Krise der großen Energiekonzerne: Sie haben in ihren Bilanzen zwar finanzielle Rückstellungen für den Rückbau der Atomkraftwerke und die Zwischen- und Endlagerung gebildet. Durch Atomausstieg sowie durch die Energiewende und den damit einhergehenden Strompreisverfall an der Börse hat sich ihre wirtschaftliche Situation aber erheblich verschlechtert. Daher ist fraglich, ob sie die Kosten des Atomausstiegs wie gesetzlich vorgeschrieben in Zukunft tatsächlich tragen können.
Die Kommission, die von Jürgen Trittin (Grüne), Ole von Beust (CDU) und Matthias Platzeck (SPD) geleitet wird, sieht beim Rückbau der AKWs nur wenig Handlungsbedarf: Die dafür gebildeten Rückstellungen sollen – geringfügig aufgestockt – bei den Konzernen verbleiben, in Zukunft aber transparenter ausgewiesen werden. „Die komplette Übertragung von Vermögenswerten in Höhe sämtlicher Rückstellungen gefährdet die Unternehmen“, heißt es im Entwurf, der der taz vorliegt.
Eine entscheidende Veränderung schlägt die Kommission hingegen für die Zwischen- und Endlagerung des Atommülls vor: Die dafür notwendigen Mittel sollen von den Konzernen an einen staatlichen Fonds übertragen werden. Im Gegenzug übernimmt der Staat die Verantwortung für den Atommüll. Zur finanziellen Beteiligung der Konzerne an möglichen Mehrkosten macht die Kommission zwei Vorschläge.
Hubertus Zdebel, die Linke
Entweder zahlen die Betreiber nur die bisher für Zwischen- und Endlagerung gebildeten Rückstellungen in den Fonds ein – dann würden sie für künftige Kostensteigerungen haften, aber maximal bis zum doppelten der eingezahlten Summe und nur bis zur Fertigstellung des Endlagers. Kostensteigerungen, die darüber hinausgehen oder später eintreten, müssten die SteuerzahlerInnen tragen.
Die Alternative, zu der nach taz-Informationen eine Mehrheit der Kommissionsmitglieder tendiert, sieht vor, dass die Unternehmen an künftigen Mehrkosten überhaupt nicht beteiligt würden. Im Gegenzug müssten sie neben ihren Rückstellungen noch einen zusätzlichen „angemessenen Aufschlag“ an den staatlichen Fonds abführen; dessen Höhe ist im Entwurf noch nicht beziffert.
Umweltverbände und Linke reagierten mit scharfer Kritik auf die Pläne. „Die Atomkonzerne bekommen ein milliardenschweres Steuergeschenk, das man nur als illegale Subventionierung bezeichnen kann“, sagte der atompolitische Sprecher der Linken, Hubertus Zdebel. Der BUND kritisierte, dass das „Verursacherprinzip zu großen Teilen ausgehebelt“ werden solle. Die Anti-Atom-Initiative „Ausgestrahlt“ forderte, Dividendenzahlungen der Atomkonzerne sofort zu unterbinden. „Es kann nicht sein, dass die AKW-Betreiber Milliarden an ihre Aktionäre ausschütten, während die Allgemeinheit für ihren Atommüll aufkommen soll“, sagte Armin Simon.
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