Angriff auf Flüchtlingsbus in Clausnitz: Flüchtlinge im Fadenkreuz

Clausnitzs Polizei untersucht die Attacken auf den Flüchtlingsbus. Der Leiter des Asylheims wird abgelöst – zum Schutz seiner Person.

Ein Junge schaut aus einem Fenster

Ein Flüchtlingsjunge beobachtet am 22. Februar Journalisten von einer Flüchtlingsunterkunft aus. Foto: dpa

Nach den Attacken auf einen Flüchtlingsbus und dem rüden Polizeieinsatz im sächsischen Clausnitz hat die Polizeidirektion Chemnitz eine elfköpfige Ermittlungsgruppe gebildet. Sie folgt damit einer Ankündigung von Polizeipräsident Uwe Reißmann. Am Donnerstagabend hatten etwa 100 Bewohner des Erzgebirgsorts nahe der tschechischen Grenze mit Fahrzeugblockaden den Bezug eines Flüchtlingsheims zu verhindern versucht. Bundesweite Kritik löste ein Polizeieinsatz aus, mit dem einige Flüchtlinge teils gewaltsam in das Haus verbracht wurden.

Eine Sprecherin der Polizeidirektion Chemnitz sagte der taz, dass sich die eingeleiteten Ermittlungen auch gegen Migranten aus dem Bus richten. Die Polizei hatte sie indirekt für die Eskalation mitverantwortlich gemacht, weil die Pöbeleien aus dem Bus heraus mit Handys gefilmt wurden und ein Junge den Stinkefinger zeigte. Gegen drei deutsche Fahrzeugbesitzer liegen bereits Anzeigen vor.

Noch in der Donnerstagnacht hatte Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) nach Ansicht erster Videos eine Auswertung des Polizeieinsatzes mit allen Beteiligten angekündigt. Am Montag wich die Pressestelle des Ministeriums der Frage aus, ob die Hausspitze nunmehr zu einem Schluss gekommen sei. Stattdessen wurde auf die Chronologie der Polizeidirektion verwiesen. Polizeipräsident Reißmann hatte das Vorgehen uneingeschränkt gerechtfertigt.

Inzwischen teilte das Landratsamt Mittelsachsen mit, dass der Leiter des Clausnitzer Flüchtlingsheims abgelöst werde. Nicht, wie man vermuten könnte, weil Matthias Hetze der AfD angehört. Wegen der bundesweiten Diskussion über ihn habe man vielmehr die Entscheidung zum Schutze seiner Person getroffen, begründete Landrat Matthias Damm (CDU) das Vorgehen. Cemile Giousouf, Integrationsbeauftragte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, nannte es hingegen „ein Unding, dass ein AfD-Mitglied eine Unterkunft leitet“. Die sächsische Landesregierung dürfe bei deren offenem Rassismus nicht wegschauen.

Stärkere Videoüberwachung

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nannte die fremdenfeindlichen Ausfälle von Clausnitz „zutiefst beschämend“. In ihrem Namen wandte sich Regierungssprecher Steffen Seibert jedoch gegen eine Pauschalverurteilung der gesamten Region. Hier wie in der gesamten Bundesrepublik sei einer Bevölkerungsmehrheit bewusst, „dass es im Kern um Menschen in Not geht“, die mit Anstand und Mitgefühl behandelt werden müssten.

SPD-Generalsekretärin Katarina Barley brachte eine stärkere Videoüberwachung zum Schutz von Flüchtlingsheimen ins Spiel. Die Grünen beantragten eine aktuelle Stunde im Bundestag zu den Vorfällen in Clausnitz.

Die AfD-Vorsitzende Frauke Petry gab den Migranten im Bus wegen „sehr unschöner Äußerungen“ eine Mitschuld an der Eskalation. Zugleich distanzierte sie sich von den Demonstranten und kündigte parteiinterne Konsequenzen an, sollten AfD-Mitglieder tatsächlich involviert gewesen sein.

Der Innenausschuss des Sächsischen Landtags wird sich auf Antrag der Linken am Freitag in einer Sondersitzung mit Clausnitz und dem Brandanschlag in Bautzen befassen. Polizeipräsident Reißmann wird dazu eingeladen. Am heutigen Dienstag will sich Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich in der Kabinettspressekonferenz äußern.

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