: Flüchtlinge und Wahlkämpfe
Kommentar
von Alke Wierth
Saleh fordert Expertenkommission für Integration
In mindestens zwei Punkten hat der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Raed Saleh, recht. Es bringt nichts, in der Debatte um (Flüchtlings-)Integration ständig neue Sauen (Flüchtlingsobergrenze! Aussetzung des Mindestlohns!) durchs Dorf zu treiben. Und: Ja, wir haben bereits eine Menge Erfahrung mit Integration – gute und schlechte.
Aus beiden ließen sich Lehren ziehen, Konsequenzen ableiten, um früher gemachte Fehler nicht zu wiederholen, Erfolgswege auszubauen. Und zudem ließe sich die Einsicht gewinnen, dass die Geschichte der Integration von ZuwanderInnen in Deutschland keineswegs eine des Scheiterns ist. Im Gegenteil.
Doch leider: Die vielen Erfolgsgeschichten – von denen die des einstigen Flüchtlingskinds Saleh eine ist – werden von denen, die lieber Säue treiben, gar nicht wahrgenommen. Sie verbeißen sich stattdessen in Schreckensszenarien, denen nur mit Sanktionen gegen und Druck auf Einwanderer beizukommen sei.
Dass sich damit Wahlkampf machen lässt, Stimmen sammeln lassen, ist leider wahr. Man sieht es etwa daran, dass sogar Grüne wie der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer in Sachen Flüchtlingspolitik die CDU-Bundeskanzlerin Angela Merkel rechts überholen. Palmer forderte kürzlich Zäune an der EU-Außengrenze, um die Flüchtlingszahl zu reduzieren, und begründete dies mit seinem Verständnis für die Ängste von Vätern um ihre Töchter, „wenn jetzt 60 arabische Männer in 200 Meter Entfernung wohnen“.
Vor diesem Hintergrund ist Salehs Vorschlag, dass integrationspolitisch erfahrene Persönlichkeiten in einer Expertenkommission einen Deutschlandplan Integration erarbeiten sollen, statt „dass man das den Überlegungen von Parteizentralen kurz vor Landtagswahlen überlässt“ (Saleh), vernünftig. Doch dem Landespolitiker, der selbst kurz vor einer Landtagswahl steht, dürfte auch klar sein, dass sich das Sauengequieke damit wohl nicht abstellen lässt.
Denn: Um vernünftige, machbare Lösungen geht es den SautreiberInnen ja gar nicht. Sondern um den Lärm.
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