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Die Mission des Varoufakis

Europa Der ehemalige griechische Finanzminister gibt in der Berliner Volksbühne den Startschuss füreine Bewegung zur Demokratisierung der EU: das „Democracy in Europe Movement 2025“, kurz DiEM25

Aus Berlin Pascal Beuckerund Anja Krüger

Es wirkt, als habe Gianis Varou­fakis zu einem Postgraduierten-Seminar eingeladen. Im Roten Salon der Berliner Volksbühne sitzen am Dienstagmittag Dutzende Männer und Frauen auf Stühlen, die sie im Kreis aufgestellt haben. Fast alle aus der ersten Reihe dürfen ein Statement abgeben. „Europa braucht eine Republik“, sagt die Politikwissenschaftlerin Ulrike Guerot. „Eine Demokratiebewegung darf sich nicht auf Westeuropa beschränken“, sagt der kroatische Philosoph Srecko Horvat.Das Projekt, das in der Volksbühne Gestalt annimmt, ist ehrgeizig. Nicht weniger als die Rettung Europas haben sich der griechische Exfinanzminister Varoufakis und seine MitstreiterInnen zum Ziel gesetzt. „Democracy in Europe Movement 2025“, kurz DiEM25, heißt das Netzwerk, das Varou­fakis und seine MitstreiterInnen ins Leben rufen wollen. Es soll „grenzüberschreitend überall in Europa starten“ und allen demokratischen Kräften offenstehen: Linken und SozialistInnen ebenso wie Liberalen, Grünen und RadikaldemokratInnen. Bis 2025 wollen sie ihre Ziele erreicht haben. Dazu gehört die Ausarbeitung einer europäischen Verfassung. Bezugspunkt der Bewegung soll ein Manifest sein, das Varoufakis mit intellektuellen FreundInnen erarbeitet hat. Darin wird die Vision eines demokratischen, sozialen, egalitären, transparenten, ökologischen, friedlichen, pluralistischen und vereinigten Europas entworfen – eine Art konkrete Utopie.

Am Abend – nach Redaktionsschluss – wollten die InitiatorInnen in der Volksbühne auf einer Veranstaltung vor großem Publikum den Startschuss für die Bewegung geben. Zuvor berieten in drei Workshops mehrere Dutzend Intellektuelle, KünstlerInnen, PolitikerInnen und BewegungsaktivistInnen im Roten Salon des Hauses, wie die neue politische Bewegung gelingen könnte. Die von Varou­fakis Eingeladenen gaben ihre Statements ab, selten bezogen sie sich aufeinander. Nachfragen gab es nicht.

Vor dem Gedankenaustausch hatte Varoufakis im selben Raum eine Pressekonferenz gegeben, um seine Initiative vorzustellen. „Der rasche Zerfall Europas muss gestoppt werden“, sagte er. Vielleicht werde das Projekt scheitern. „Aber was ist die Alternative“, fragte er – und warnte vor einer „Nationalisierung der Hoffnung“.

Er warnt vor einer „Nationalisierung der Hoffnung“

Dem „Phänomen der Renationalisierung“ muss die „Suche nach einer Demokratisierung der EU-Institutionen“ entgegengesetzt werden, um „der politischen Macht wieder Legitimation zu verschaffen“, ist der 54-Jährige überzeugt. Notwendig sei eine „Repolitisierung der Entscheidungen in Europa“. Er warf der EU in der Euro- und Flüchtlingskrise ein „spektakuläres Versagen“ vor. Es sei eine falsche und fatale Antwort auf die Krisen, „zum Nationalstaat zurückzukehren, Mauern zu bauen und den Kopf in den Sand zu stecken“.

Was auch immer aus der neuen Bewegung wird, ein erfolgreiches Medienereignis ist sie bereits. Die InitiatorInnen hatten offenbar nicht mit dem sehr großen Interesse von MedienvertreterInnen aus ganz Europa gerechnet. Als Varoufakis’ Pressekonferenz schon längst begonnen hatte, warteten noch etliche auf Einlass. SympathisantInnen und nicht angemeldete ReporterInnen wurden wegen Überfüllung abgewiesen. „Demokratie?“ schrieb eineR frustriert auf das gelbe Schild mit der Aufschrift „Pressekonferenz“.

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