The Sun: "ein dampfender Haufen Dünger"

Bexit Kritiker lassen kein gutes Haar an der Einigung zwischen Tusk und Cameron über die EU-Reform

DUBLIN taz | Der britische Premierminister verkündete am Mittwoch in der parlamentarischen Fragestunde einen Etappensieg: „Ich werde niemals sagen, dass die EU perfekt ist“, sagte er, „aber der Entwurf ebnet den Weg für eine bessere Regelung für Großbritannien in der EU.“ Wenn man nicht bereits in der EU wäre, müsste man in Anbetracht dieser Zugeständnisse eintreten, fügte er hinzu.

Die britischen Zeitungen finden das nicht. Sämtliche Boulevardblätter bescheinigen Cameron, nichts erreicht zu haben. Die Sun drückt es wie immer bildhaft aus: Die Neuverhandlungen seien „ein dampfender Haufen Dünger“. Aber auch die seriösen Blätter lassen kaum ein gutes Haar an dem Kompromiss, den Cameron mit Ratspräsidenten Donald Tusk ausgehandelt hat.

Darin geht es um eine Art Notbremse: Kann ein Staat nachweisen, dass die Zahlungen an EU-Migranten eine zu große Bürde für das Sozialsystem seien, dürfen diese reduziert werden. Diese Regelung soll aber nur für neue Migranten gelten, deren Bezüge über einen Zeitraum von vier Jahren schrittweise angehoben werden, bis sie den vollen Umfang erreicht haben. Und der Europarat muss das absegnen.

Der Independent bezeichnete Tusks Vorschlag deshalb als „Niederlage für Cameron“. Der hatte gefordert, dass Migranten aus der EU zunächst vier Jahre lang Steuern in Großbritannien zahlen müssen, bevor sie Anspruch auf Sozialleistungen haben.

Der ehemalige Tory-Verteidigungsminister Liam Fox sagte: „Die sehr bescheidenen Forderungen unserer Regierung sind in allen Bereichen von der EU verwässert worden. Keine dieser Veränderungen reicht auch nur im Entferntesten an die grundlegenden Veränderungen heran, die man der Bevölkerung versprochen hat.“ Innenministerin Theresa May, die als Leitfigur für die EU-Gegner galt, hat sich gestern zwar für ein Ja zur EU ausgesprochen, doch Fox prophezeit, dass bis zu fünf Kabinettsmitglieder gegen den Verbleib in der EU eintreten werden.

Das dürfen sie aber erst, nachdem der Vorschlag auf dem EU-Gipfel in zwei Wochen angenommen ist, so hat Cameron festgelegt. Bis dahin muss er mit Tusks Vorschlag vor allem die osteuropäischen Länder überzeugen, die gegen eine Diskriminierung ihrer Landsleute protestieren. Sollte ihm das gelingen, könnte das EU-Referendum bereits am 23. Juni stattfinden. Das würde die Chancen auf einen Verbleib in der EU erhöhen, da den Gegnern kaum Zeit für eine effektive Kampagne bliebe.

Ralf Sotscheck