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Sache der Solidarität

DemonstrationUnter großer Beobachtung der Presse demonstrieren am Samstag „Männer gegen Gewalt“

von Uta Schleiermacher

Das Interesse der Presse ist größer als das der Passanten. Als sich am Samstagmittag die Teilnehmer der Demonstration „Männer gegen Gewalt“ auf dem Hermannplatz versammeln, drängen sich Reporter, Kamerateams und Fotografen um die Initiatoren. Kasim Erdoğan, der mit seinem Verein „Aufbruch Neukölln“ zur Kundgebung gegen sexuelle Gewalt aufgerufen hatte, beantwortet geduldig alle Fragen. „Nach dem, was den Frauen in Köln passiert ist, können wir nicht tatenlos zusehen“, begründet er die Demonstration. „Es wäre halbherzig, nichts zu unternehmen, wir müssen unserer Position auch auf der Straße zeigen.“ Die Täter von Köln würden sich sonst noch bestätigt fühlen in ihrem Verhalten.

Seit acht Jahren bietet Erdoğan mit dem Verein Väter- und Familiengruppen und Beratungen an. Häusliche und sexuelle Gewalt ist ein Schwerpunkt der Vereinsarbeit.

Die Gruppe verteilt T-Shirts in Orange, Dunkelgrün oder Türkis. „Männer gegen Gewalt“ ist vorn auf die T-Shirts gedruckt, hinten steht der Slogan auf Türkisch, darunter ist jeweils ein symbolisiertes Flügelpaar und ein Schnurrbart gedruckt. Viele Teilnehmer ziehen sich die T-Shirts über ihre Wintermäntel. Auch Frauenorganisationen sind vertreten. Nach einer halben Stunde mit Interviews und Fotos ziehen die knapp 100 Teilnehmern den Kottbusser Damm hoch. Burkard Dregger, integrationspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, führt den Zug mit Erdoğan an.

Demozweck nicht allen klar

Lilith Wrasse steht am Kottbusser Damm, als die Demonstration vorbeizieht. „Ich finde es schön, dass sie das machen“, sagt die junge Frau. „Ich weiß nicht, ob es viel bringt, ob man die Menschen, die so etwas tun, damit erreicht, aber es gibt mir Mut.“ Nicht für alle Passanten, die am Samstag an Hermannplatz und Kottbusser Damm unterwegs sind, erschließt sich allerdings der Zweck der Demo gleich. Ein Reporter muss zwei Jugendlichen viele Fragen stellen, bis sie überhaupt verstehen, worum es bei dem Zug geht. Vielleicht liegt das auch daran, dass eine Grüppchen „Hoch die internationale Solidarität“ skandiert.

„Das war ein bisschen unnötig“, resumiert Erdoğan am Ende. So etwas wie „Nieder mit der Gewalt gegen Frauen“ wäre angebrachter als Parole gewesen.

Am Oranienplatz, Endpunkt der Demoroute, gibt es noch mal die Gelegenheit, Fotos zu machen. Burkard Dregger hält die Abschlussrede. Er hätte sich mehr Teilnehmer, „gern mehrere tausend“, gewünscht, vor allem mehr Männer, jeder Herkunft, sagt Erdoğan. Eine massenhafte Unterstützung eben, so wie sich am Samstag in Berlin die Tausenden unter dem Motto „Wir haben es satt!“ für eine ökologischere Landwirtschaft starkmachten (s. Wirtschaft Seite 8).

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