Transparent wie ein Rußfilter

Abgase Von wem lässt sich das Bundesverkehrsministerium eigentlich beraten, um den VW-Skandal zu durchleuchten? Welche Kontakte pflegt das Haus zur Autolobby? Auf Fragen von Journalisten und der Opposition gibt es nur nichtssagende Antworten

Endlich steht VW zumindest optisch in gutem Licht da, hier Chef Müller in Detroit am Montag Foto: Paul Sancya/ap

Von Malte Kreutzfeldt

Es wirkt wie Realsatire. Welche „konkreten Maßnahmen“ hat die Bundesregierung unternommen, um Partikelemissionen im Straßenverkehr zu reduzieren, wollten die Grünen vom Bundesverkehrsministerium wissen. „Ein Bündel von Maßnahmen“, heißt es in der Antwort, die der taz vorliegt.

Zu welchen Themen hat sich die Regierung mit der US-Umweltschutzbehörde EPA ausgetauscht? Zu „fachspezifischen Themen“. Und wer sitzt wohl in der Kommission, die den VW-Skandal aufarbeitet? Logo: „Fachleute“ und „wissenschaftliche Begleitung“. Die Namen nennt das Ministerium nicht. Und auch die Frage nach dem Grund und der rechtlichen Grundlage für diese Auskunftsverweigerung bleibt unbeantwortet.

Noch kürzer fallen die Antworten auf viele Presseanfragen aus. Was sagt das zuständige Verkehrsministerium dazu, dass in Tests auch Mercedes- und BMW-Fahrzeuge überhöhte Stickoxid-Werte zeigten? Auf diese taz-Frage etwa schickt das Haus von CSU-Minister Alexander Dobrindt eine Mail mit dem Hinweis „Sachinformation (keine Zitate)“ –, in der mit keinem Wort auf den Inhalt der Frage eingegangen wird.

VW-Chef Matthias Müller hat sich bei einem Besuch in den USA entschuldigt. "Wir wissen, dass wir unsere Kunden, die zuständigen staatlichen Stellen und die allgemeine Öffentlichkeit hier in den USA sehr enttäuscht haben", sagte Müller vor dem Start der Automesse in Detroit.

VW hatte Mitte September eingeräumt, mit einer Software Abgastests bei Dieselfahrzeugen manipuliert zu haben. Der Skandal war von US-Umweltbehörden aufgedeckt worden. Am Mittwoch will sich VW-Chef Müller mit der Chefin der US-Umweltbehörde EPA, Gina McCarthy, treffen.

Müller kündigte neue Investitionen in den USA an. Über die bisher vorgesehene Summe von mehr als einer Milliarde Dollar für das Werk Chattanooga in Tennessee hinaus sollten weitere 900 Millionen Dollar in die Produktion der Siebensitzer-Geländelimousine CrossBlue gesteckt werden. Damit sei die Schaffung von rund 2.000 neuen Jobs in den USA verbunden. Das neue Geländewagenmodell soll Ende dieses Jahres kommen.

Und wann wird das Ergebnis der Messungen vorgestellt, die das Ministerium selbst angeordnet hat? Überraschung: „Nach Abschluss der Untersuchungen“. Wann wird das ungefähr sein? „Derzeit kann hierfür noch kein konkreter Termin mitgeteilt werden.“ Nicht einmal eine grobe Eingrenzung – etwa bis Ostern, bis zur Sommerpause oder bis Jahresende – will ein Sprecher vornehmen.

Doch nicht nur zur aktuellen Aufklärung schweigt das Ministerium. Auch die offiziellen Kontakte, die es in der Vergangenheit mit Verbänden, Industrie oder Wissenschaft zu Abgasmessungen gab, werden nicht aufgelistet. Eine solche Liste „existiert nicht und kann auch nicht mit vertretbarem Aufwand erstellt werden“, schreibt Staatssekretär Norbert Barthle. Das ist verwunderlich, denn von anderen Ministerien wurden vergleichbare Anfragen, etwa nach Lobbykontakten im Energiebereich, ausführlich und mit konkreten Daten und Teilnehmern beantwortet.

Die Grünen prüfen darum nun rechtliche Schritte gegen die Auskunftsverweigerung. „Das Bundesverkehrsministerium verweigert sich weiter einer raschen und lückenlosen Aufklärung des größten Abgasskandals in der Geschichte der Automobilbranche“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Oliver Krischer, der taz. Er sieht die Geheimhaltung als „Beleg für die Kumpanei zwischen dem Bundesverkehrsministerium und den Schummlern und Tricksern aus der Automobilindustrie“.

„Kumpanei mit den Tricksern aus der Automobilindustrie“

Oliver Krischer, Grüne

Den Vorwurf zu schweigen kontert das Ministerium mit Hinweis auf öffentliche Äußerungen von Minister Alexander Dobrindt. Tatsächlich hat der sich wiederholt zum VW-Skandal geäußert – doch nur gegenüber ausgewählten Medien. Drei Interviews sind auf der Webseite des Ministeriums dazu aufgeführt – zwei mit der Bild-Zeitung, eine mit der Passauer Neuen Presse, der Lokalzeitung seines Wahlkreises.

Auch ansonsten vertraut Dobrindt in seiner Kommunikation vor allem auf die Medien aus dem Springer-Verlag: Die wenigen konkreten Aussagen, die es zum VW-Skandal bisher gab – etwa den Plan, die Hersteller künftig zur Offenlegung ihrer Motorsoftware zu verpflichten, das Umrüstungskonzept von VW oder das Festhalten an der vergünstigten Dieselsteuer – machte Dobrindt gegenüber Bild und Welt sowie deren Sonntagszeitungen.