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Demonstranten in Teheran wüten weiter

Iran Nach dem Sturm auf die saudische Botschaft versammelten sich am Sonntag erneut Protestierende vor dem Gebäude – ungeachtet eines Verbots

TEHERAN/BERLIN dpa/ap/taz | Die Hinrichtung von Scheich Nimr al-Nimr in Saudi-Arabien hat in schiitischen Kreisen von Beirut bis Karatschi Proteste ausgelöst. Am handfestesten waren diese im Iran, einem mehrheitlich schiitischen Land, in dem normalerweise keine Demonstrationen stattfinden, es sei denn, sie sind von offizieller Seite organisiert. Ort des Geschehens war, wenig überraschend, die saudische Botschaft in Teheran.

In der Nacht zum Sonntag gelang es einer Gruppe von Demonstranten, die Botschaft zu stürmen und Teile des Gebäudes in Brand zu setzen oder zu verwüsten, wie dpa unter Berufung auf Augenzeugen berichtete. Demnach war für Montagnachmittag eine vermutlich offizielle Protestdemonstration geplant. Die Polizei sei daher nicht auf den Ansturm vorbereitet gewesen. Bei dem Angriff kam es zu heftigen Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten. Mehrere Personen wurden festgenommen, darunter kurzfristig auch einige Reporter und Fotografen.

Am Ende waren keine Demonstranten mehr im Botschaftsgebäude. Einige hatten behauptet, dass eine andere Gruppe in jener Nacht die Residenz des saudischen Botschafters angreifen wolle. Dies wurde später zwar dementiert, trotzdem blockierte die Polizei vorsichtshalber die Straßen zur Residenz.

Das iranische Außenministerium verbot in einer Presseerklärung nach dem Angriff alle Versammlungen vor der saudischen Botschaft in Teheran und dem Konsulat in Maschhad im Nordostiran vorläufig. „Wir verstehen die Wut der Bürger, aber trotzdem sollten sie sich vor keiner der diplomatischen Vertretungen Saudi-Arabiens versammeln“, sagte Außenamtssprecher Dschaber Ansari. Die Polizei sei für die Sicherheit dieser Vertretungen zuständig und werde notfalls eingreifen.

Dessen ungeachtet versammelten sich am Sonntag erneut etwa 400 Demonstranten vor der Botschaft, wie Augenzeugen berichteten. Die Straße vor der saudischen Vertretung wurde, offenbar von Protestierenden, in Scheich-Nimr-Straße umbenannt. Und während Revolutionsführer Ali Chamenei saudischen Politikern die „Rache Gottes“ androhte, sprach Präsident Hassan Rohani im Hinblick auf die Botschaftsproteste von einem „hässlichen Vorfall“. Auch Schiiten können sich eben uneins sein. Beate Seel

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