: Witz, komm raus, du bist umzingelt
Auf das Leben,auf das Lachen!
Charlie Hebdo lebt! Das ist die gute Nachricht. Die schlechte ist, dass der Verantwortliche für das Attentat noch immer auf der Flucht ist, wie das Titelbild der neuesten Ausgabe zeigt, die soeben in einer Auflage von einer Million Exemplaren zum Jahrestag des Anschlags auf die Satirezeitschrift erschienen ist: ein Gott, der sich mörderische Verbrecher sucht, um einen Anschlag auf die Presse- und Meinungsfreiheit durchzuführen.
Wäre der Anlass nicht so traurig, wäre es die beste aller Nachrichten: Auch die taz erscheint heute als Sonderausgabe mit zwölf Seiten über Humor und Satire – und vor allem nur mit Karikaturen statt Fotos. Endlich einmal rückt das kleine Subgenre der komischen Zeichnung vom Rand des Journalismus in den Mittelpunkt. Endlich kommen die Spottzeichner selbst zu Wort und beantworten uns zum Beispiel eine Frage: Hat sich die Arbeit verändert im vergangenen Jahr?
Die heutige Karikataz ist eine Ausgabe mit vielen Fragen, die wir zu beantworten versuchen werden: Was darf die Satire heute? Was die Karikatur nach „Charlie Hebdo“? Was ist die Vorgeschichte der Anschläge? Wie geht es einer traumatisierten Redaktion? Haben Muslime Humor? Gerade die letzte Frage bitte nicht zu ernst nehmen – und nicht sofort empören! Selbstverständlich haben Muslime Humor, aber warum treibt sie oft dieser ausgeprägte Kränkungsfetischismus um?
Neben nachdenklichen und analytischen Texten sollen aber vor allem die Karikaturisten zu Wort kommen – in Interviews und Porträts, vor allem aber mit ihren Witzbildchen. Und damit soll ein wenig der Spaß zurückkehren, der bei aller Trauer über die schrecklichen Ereignisse im vergangenen Jahr immer noch das Wesensmerkmal jeder Karikatur ist: Sie will den Leser zum Lachen bringen und auf diesem Weg etwas entlarven.
Das Lachen der Aufklärung ist und bleibt die einzige Waffe, die Karikaturisten gegen den düsteren Irrsinn brutaler Attentäter aufbieten können. Oder wie es die Schlagzeile von Charlie Hebdo nach den Anschlägen vom Freitag, dem 13. November 2015, trotzig in die Welt hinaus rief: „Sie haben die Waffen. Aber, scheiß drauf, wir den Champagner!“ In diesem Sinne soll auch die heutige Karikataz das Leben, den Spaß und den Humor feiern: „À votre santé!“
Michael Ringel und Isabel Lott
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