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Gericht lässt AfD-Mann in die Bürgerschaft nachrücken

wahlprüfung Bremens AfD befindet sich in Auflösung. Nun kommt ein Abgeordneter dazu

„Das sind Zählfehler, die es vermutlich bei jeder Wahl gibt“

Landeswahlleiter Jürgen Wayand

BREMEN taz | Das Ergebnis der Bremer Landtagswahl muss im Wahlbereich Bremerhaven zugunsten der AfD korrigiert werden. Ihrem Bremerhavener Spitzenkandidaten Thomas Jürgewitz steht ein Sitz in der Bremischen Bürgerschaft, also dem Landtag Bremens, zu. Das hat das Wahlprüfungsgericht der Stadt am Montag beschlossen. Aus dem Parlament ausscheiden wird die SPD-Frau Petra Jäschke.

Anders als im Wahlbereich Bremen-Stadt, wo die AfD die Fünfprozenthürde am 10. Mai locker gemeistert hatte, war sie in Bremerhaven auf 4,97 Prozent gekommen. Es fehlten ihr laut ursprünglicher Auszählung 49 Stimmen zum Mandat – oder die Voten von zehn WählerInnen, die in Bremen je fünf Kreuzchen machen dürfen. Nachdem sich die AfD das Recht erkämpft hatte nachzuzählen, wies sie Unregelmäßigkeiten nach. Anhand deren entschied nun am Montag das Wahlprüfungsgericht, dass ihr einige Dutzend Stimmen zu Unrecht nicht angerechnet worden waren. Auch erhöhte sich die Zahl der ungültigen Voten um 40. In der Summe hob das die AfD über 5 Prozent: „Gemessen am Gesamtergebnis sind das Abweichungen im Zehntelpromillebereich“, hob Landeswahlleiter Jürgen Wayand hervor. „Das sind Zählfehler, die vermutlich bei jeder Wahl vorkommen.“ Juristische Bedeutung erhalten sie durchs knappe Resultat. Es sei „realitätsfern“ zu behaupten, dass die Unterlagen in Bremerhaven besonders lax geführt worden wären.

Den Verdacht hatte die AfD zumal damit begründet, dass die Stadt das Auszählen durch wahlberechtigte SchülerInnen hatte durchführen lassen. Belege für Manipulationen fanden die AfDler bei der Landtagswahl indes nicht. Bei der simultan durch dieselben WahlhelferInnen ausgezählten Stadtverordnetenwahl war es aber mindestens zu einer echten Wahlfälschung gekommen: Ein Helfer hatte 9 Stimmzettel für die Piraten frei erfunden und in den Zählcomputer eingepflegt. Der Vorgang war vom Wahlbereichsleiter festgestellt und angezeigt worden. Auf Antrag der rechtspopulistischen „Bürger in Wut“ hatte die Stadtverordnetenversammlung Anfang Dezember beschlossen, die 34.000 Kommunalwahl-Stimmhefte neu auswerten zu lassen.

Jürgewitz erreicht mit dem Mandat ein lange verfolgtes Ziel: Der 56-Jährige hatte nach Anfängen in der Jungen Union schon die Schill-Partei ausprobiert, deren Stadtverband Bremerhaven er 2003 anführte, mischte dann in der FDP mit. Bei den Freien Wählern im Kreis Cuxhaven scheiterte er bei der Kommunalwahl 2013, trat in die AfD ein und zog Mitte 2014 pünktlich zur Listenaufstellung wieder nach Bremerhaven.

In Bremens Bürgerschaft findet Jürgewitz eine AfD in Auflösung vor: Zwar wäre mit ihm der fünfte ihrer Kandidaten in den Landtag eingezogen und damit Fraktionsstärke hergestellt. Doch drei ihrer bisher vier Abgeordneten sind bereits mit Parteigründer Bernd Lucke zur gemäßigteren Formation Alfa gewechselt. bes

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