: Eine Netto-Heuer wie in Griechenland
SCHIFFFAHRT Bundeskanzlerin Merkel will den Reedern mit großzügigen Subventionen helfen
Wie in Griechenland, klagt Lisa Paul, Sprecherin für Steuerpolitik der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag. „Während Griechenland zu Recht von allen Seiten für die Steuerfreiheit der Reeder kritisiert wurde, scheint die Koalition kein Problem damit zu haben, die heimische Branche großzügig aufzupäppeln.“ Die deutsche Handelsflotte ist die viertgrößte der Welt. Schon bislang gilt, dass die weitgehend von Gewinnsteuern befreiten Schifffahrtsunternehmen 40 Prozent der von ihren Arbeitnehmern einbehaltenen Lohnsteuer vom Staat geschenkt bekommen, wenn Sie unter deutscher Flagge fahren. Was immer weniger der 350 meist mittelständischen Reedereien in Deutschland tun. „Zu teuer, zu bürokratisch“, heißt es in der seit sieben Jahren krisengeschüttelten Branche.
Schifffahrtsunternehmen sind wie alle anderen Unternehmen gesetzlich verpflichtet, die Lohnsteuer für ihre in Deutschland steuerpflichtigen Arbeitnehmer einzubehalten und an das zuständige Finanzamt abzuführen. Der zweite Schritt, die Abführung an das Finanzamt, soll in Zukunft nach dem Willen der schwarz-roten Koalition umgangen werden. Die Bundesregierung begründet ihren Gesetzentwurf mit der „Sicherung des seemännischen Know-how für die maritime Wirtschaft“.
Reederpräsident Alfred Hartmann sieht in der Netto-Heuer und weiteren Zuschüssen für Lohnnebenkosten – insgesamt geht es um etwa 30 Millionen Euro zusätzlicher Subventionen – lediglich eine Stärkung der „Wettbewerbsfähigkeit“, wie er auf der Jahrespressekonferenz seines Verbandes am Donnerstag in Hamburg betonte. Derlei Unterstützung durch den Staat sei „europäische Normalität“. Die grüne Steuerexpertin Lisa Paul bringt die „politische Doppelzüngigkeit“ der Bundeskanzlerin dennoch in Fahrt, angesichts „der schrillen Griechenlanddebatte der letzten Jahre“. Der Bundestag wird im Januar über das Netto-Heuer-Gesetz entscheiden. Weitere Subventionen hatte Merkel bereits im Oktober angekündigt.
Hermannus Pfeiffer
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