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Emissionen in der EUMachtprobe mit der Autolobby

Der Umweltausschuss des EU-Parlaments lehnt verwässerte Abgaswerte für Dieselfahrzeuge ab. Doch im Plenum droht eine Niederlage.

Abgasproblem gelöst: VW als Skulptur im schweizerischen Buch nahe Zürich. Foto: reuters

Brüssel taz | Die Umweltpolitiker im Europaparlament legen sich mit der mächtigen Autolobby an. Bei einer Abstimmung in Straßburg lehnten die Abgeordneten den Beschluss der EU-Staaten zu neuen Abgastests von Dieselfahrzeugen ab. Als Antwort auf die VW-Diesel-Affäre sah der Entwurf niedrigere Grenzwerte und Abgastests unter realen Fahrbedingungen vor. Er ließ aber weiter massive Abweichungen nach oben zu. Die umstrittene Vorlage war Ende Oktober hinter verschlossenen Türen entstanden.

Der Umweltausschuss fordert die EU-Kommission auf, die Vorlage zurückzuziehen und einen neuen Vorschlag zu erarbeiten. Denn durch den vorliegenden Entwurf sei das Ziel nicht zu erreichen, den gesundheitsgefährdenden Stickoxid-Ausstoß zu reduzieren. „Dem Vorschlag der Kommission konnten wir unter keinen Umständen zustimmen“, sagte der SPD-Politiker Matthias Groote.

Er sieht einen sogenannten Konformitätsfaktor von 2,1 ab 2017 und 1,5 ab September 2020 vor – ohne zeitliche Befristung. Der Konformitätsfaktor bezeichnet die zulässige Abweichung von geltenden Grenzwerten. Dieselfahrzeuge müssten „endlich die vor zehn Jahren beschlossenen Euro-6-Grenzwerte erfüllen, anstatt die Grenzwerte zu unterlaufen“, so Groote.

Keine Konsequenzen aus dem VW-Skandal

Ähnlich äußerten sich die Grünen. „Die Abgeordneten haben eine klares Veto gegen die zynische und unverantwortliche Entscheidung der Mitgliedstaaten eingelegt“, sagte Fraktionschefin Rebecca Harms. Das Plenum des Europaparlaments müsse dem Umweltausschuss im Januar folgen – und die EU-Kommission solle dann zügig einen neuen Vorschlag vorlegen, der Umwelt und Gesundheit schützt.

Doch hier ist ein Problem: Es ist nämlich keineswegs sicher, dass das Plenum – also die Versammlung aller Europaabgeordneten – dem Votum des Umweltausschusses folgt. Denn dort kommen neben dem Umwelt- und Gesundheitsschutz noch andere Interessen ins Spiel. Neben der mächtigen Autolobby, die bereits die EU-Expertengruppen beherrscht, haben auch einige EU-Länder wie Deutschland, Italien oder Spanien ein Interesse daran, die Auflagen zu verwässern, um ihren Produzenten entgegenzukommen.

Bei der Expertenrunde Ende Oktober hatten sich die nationalen Vertreter dieser Länder dem Vernehmen nach bereits für eine hohe Toleranzschwelle eingesetzt. Nun könnten sie versuchen, ihre Europaabgeordneten auf Linie zu bringen. Bei wichtigen Fragen, etwa zum EU-Budget, ist dies durchaus üblich. Gelegentlich hilft auch EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) nach.

Eine erneute Verwässerung der Grenzwerte wäre allerdings ein fatales Signal. Denn die EU hat bisher noch keine echten Konsequenzen aus dem VW-Diesel-Skandal gezogen.

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