: Alles in Beschlag
WohnEN Bündnis will Gebäude „beschlagnahmen“. Erster Baumarkt wird Flüchtlingsunterkunft
Eine „Beschlagnahmung“ von leer stehenden Wohnungen kündigte gestern das „Bremer Aktionsbündnis Refugees Welcome“ an. Es sei „unerträglich, dass Menschen in Bremen in Zelten, Turnhallen, Baumärkten oder auf der Straße überwintern müssen“, heißt es in einem gestern veröffentlichten Schreiben des Bündnisses.
Sollten am 5. Dezember noch Menschen in Turnhallen oder Zelten wohnen, würden sie in einem Rundgang auf Wohnungen hinweisen, die nach ihrer Einschätzung noch in diesem Winter als Wohnraum genutzt werden könnten, teilte das Bündnis mit. Es fordert außerdem, in Bremen die Beschlagnahmung aller wohntauglichen Gebäude und Wohnungen möglich zu machen.
Vor einem Monat trat in Bremen ein Gesetz in Kraft, das die Beschlagnahmung von leer stehenden Immobilien mit mehr als 300 Quadratmeter Fläche erlaubt. „Bisher mussten wir das nicht anwenden“, sagte gestern Bernd Schneider, Sprecher der Sozialsenatorin Anja Stahmann, deren Behörde die übergangsweise Unterbringung von Flüchtlingen organisiert.
In den nächsten Tagen werde ein Mietvertrag mit dem Eigentümer eines ehemaligen Baumarkts in Oslebshausen unterzeichnet, so Schneider. Nach Umbauarbeiten soll das Gebäude ab Februar als Notunterkunft bis zu 350 Flüchtlinge aufnehmen. Weitere Baumärkte stünden derzeit nicht zur Verfügung, da sie von ihren Besitzern anders genutzt würden.
Weitere Verzögerungen gibt es beim Umbau eines ehemaligen Altenheims in Schwachhausen. Eigentlich sollten in diesem Monat 70 Menschen in das Übergangswohnheim in die Gabriel-Seidl-Straße ziehen. „Wir stehen mit dem Bauherrn, zwei Eigentümerfamilien, in ständigem Kontakt“, so der Sprecher der Sozialsenatorin. „Wir hoffen, dass die Arbeiten im Januar abgeschlossen sind.“
Etwa 100 Ehrenamtliche warten derweil auf ihren Einsatz in der Gabriel-Seidl-Straße, erzählte gestern Barbara Schneider. Sie ist Sprecherin des Beirats Schwachhausen und koordiniert die Freiwilligenarbeit beim Verein „Zuflucht – ökumenische Ausländerarbeit“. Mittlerweile sei die Bereitschaft, sich zu engagieren so hoch, dass sie die vielen Anfragen nach Hilfseinsätzen oft nur verzögert beantworten könne.
Dafür gebe es nach ihrer Erfahrung kaum noch Widerstände gegen die Einrichtung von Wohnheimen. „Das war vor zwei Jahren noch ganz anders“ – unter anderem bei dem Heim in Schwachhausen. Eiken Bruhn
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