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Eine verkrampfte Umarmung

Fraternité Beim deutsch-französischen Arbeitsdiner hat Präsident François Hollande Kanzlerin Angela Merkel überdeutlich in die Pflicht genommen

PARIS taz | Gleich zweimal und sehr direkt hatte Staatspräsident François Hollande seine Wünsche angemeldet. Vor laufenden Kameras und neben Angela Merkel stehend machte er am Mittwochabend deutlich, dass er von Deutschland mehr erwartet hätte, als 650 Bundeswehrangehörige, die zur Entlastung des französischen Kontingents nach Mali entsandt werden sollen. Die Atmosphäre bei Merkels Arbeitsbesuch in Paris war, wie alle beobachten konnten, weit weniger entspannt als sonst.

Schon seit Wochenbeginn ist Hollande unterwegs, um die internationale Koalition gegen den „Islamischen Staat“ zu verbreitern. Am Montag traf er den britischen Premier David Cameron, am Dienstag US-Präsident Barack Obama. Am Donnerstag empfing er den italienischen Regierungschef Matteo Renzi, bevor er nach Moskau flogt, um dort am Abend den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu konsultieren.

Seit den Attentaten von Paris und Saint-Denis ist Hollande nicht mehr derselbe, er steht unter internationalem und innenpolitischem Druck. Wenn es darum geht, weitere Terroranschläge zu verhindern, kann er sich keine Unterlassungssünde leisten und von den Partnern keine Ausreden akzeptieren. Das wirkt sich auch auf die deutsch-französische Zusammenarbeit aus. Hollande machte aus Anlass der Unterredung mit Merkel klar, dass er sich in dieser Situation nicht mit den üblichen Floskeln der Eintracht oder symbolischen Gesten – wie dem gemeinsamen Niederlegen von Blumen an der Place de la République – zufrieden geben kann.

Merkel wurde fast genötigt

Er wolle nun hören, was die Kanzlerin an militärischen Mitteln für den Kampf gegen den Terrorismus in Syrien und im Irak ankündigen würde, sagte er erwartungsvoll vor den Medienvertretern. Damit hat er die deutsch-französische Freundschaft in die Pflicht genommen und die Kanzlerin fast genötigt.

Die hatte sich jedoch selbst in Zugzwang gebracht, als sie vor der Paris-Visite im Bundestag gesagt hatte: „Wenn ein zusätzliches Engagement notwendig ist, dann werden wir dies nicht von vornherein ausschließen.“ Das hatte man auch in Paris als Entgegenkommen verstanden. In ihrer Erklärung zum Abschluss des Pariser Treffens räumte Merkel zudem ein, dass der Kampf gegen IS nicht mit Worten zu gewinnen sei, es brauche dazu auch militärische Mittel.

Entsprechend groß war dann die Enttäuschung der französischen Gastgeber, als vorerst keine konkrete Ankündigung in dieser Richtung folgte. Hollandes Umarmung am Ende des gemeinsamen Medienauftritts war noch verkrampfter und kühler als sonst. Umgekehrt hatte Merkel auch keinen Grund, vor der Weltöffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, dass sie sich ihre Nahostpolitik und die Strategie gegen den IS-Terror diktieren lasse.

In Berlin musste es zudem als Affront wirken, dass sich Premierminister Manuel Valls am Vortag in einem Hintergrundgespräch mit ungewöhnlicher Schärfe zur europäischen Flüchtlingspolitik geäußert hatte und sich dabei für einen Aufnahmestopp aussprach.

Das wurde danach zwar in dieser Form von seinem Pressedienst dementiert, doch als Botschaft zwischen den Zeilen musste man lesen: Wenn Deutschland sich nicht mehr an der Seite Frankreichs in Syrien engagiert, könnte die Pariser Regierung im Gegenzug Merkel in der ohnehin kontroversen Flüchtlingsfrage im Regen stehen lassen.

Rudolf Balmer

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