Professor klagt gegen die Uni Mainz

Transparenz Die Hochschule weigert sich, Verträge mit einem Pharmakonzern offenzulegen

Das neue Transparenzgesetz in Rheinland-Pfalz nimmt Studierenden die Möglichkeit, Geheimverträge einzusehen Foto: Fredrik von Erichsen/dpa

BERLIN taz | Die Aussichten auf Erfolg stehen nicht besonders gut. Das weiß auch Christian Kreiß, der beim Verwaltungsgericht Mainz Klage gegen die Johannes Gutenberg-Universität Mainz eingelegt hat. Die Hochschule hatte einer Studentin verwehrt, Verträge mit dem Pharmakonzern Boehringer Ingelheim einzusehen, obwohl das Landesrecht jedem Bürger freien Informationszugang gewährt. Die Universität legte das Gesetz jedoch anders aus, berief sich auf die Freiheit von Forschung und Lehre – und verwehrte die Einsichtnahme. Die Studentin hätte vor Gericht ziehen müssen, um die Verträge doch noch einzusehen. Auf einen Rechtsstreit wollte sie sich aber nicht einlassen.

„Ich bin eingesprungen, weil ich diese Klage für wichtig halte“, sagt Kreiß der taz. Der Professor lehrt Wirtschaftspolitik an der Hochschule Aalen. In mehreren Büchern hat er sich kritisch zum Einfluss von Unternehmen auf die Hochschullandschaft geäußert. Vor allem bei Pharmakonzernen sei dieser hoch. Weltweit finanzierten sie neun von zehn Arzneimittelstudien, hielten aber nicht genehme Ergebnisse unter Verschluss.

An der Universität Mainz steht der Arzneimittelhersteller Boehringer Ingelheim im Verdacht, eine Gegenleistung für die 150 Millionen Euro zu erhalten, die die formell vom Konzern getrennte Boehringer Ingelheim Stiftung der Hochschule gespendet hat. Die Hochschule beteuert, dass der Konzern dafür keine Gegenleistung erhalte. Dennoch ärgert sich Kreiß: „Es geht nicht an, dass Hochschulen solche Verträge geheim halten.“

Die Klage gegen die Uni Mainz ist nicht die erste juristische Auseinandersetzung wegen geheimer Kooperationen einer Hochschule mit einem Pharmakonzern. 2011 hat die „Coordination gegen Bayer-Gefahren“ gegen die Uni Köln geklagt, weil diese einen Rahmenvertrag mit Bayer nicht offenlegen wollte. Im August entschied das Oberlandesgericht Nordrhein-Westfalen, dass die Offenlegung der Verträge die Freiheit der Forschung gefährde und Wettbewerbsnachteile für Bayer „provoziere“.

Das Urteil im Kölner Präzedenzfall legt nahe, dass Kreiß’Klage wenig Aussicht auf Erfolg haben dürfte. Dennoch hat es den Professor in seinem Entschluss bekräftigt. Denn bei der Urteilsverkündung wurde bekannt, dass die Hochschule die Kooperation mit Bayer beendet habe. „Wenn die negative PR da mit reingespielt haben sollte, ist das ein gewonnener Prozess.“

Welche Informationen rheinland-pfälzische Hochschulen künftig preisgeben müssen, soll ein Transparenzgesetz der rot-grünen Landesregierung regeln. Derzeit liegt es zur Beratung im Mainzer Landtag. Nach dem Entwurf sollen die Universitäten Geldgeber und -summen abgeschlossener Drittmittelprojekte veröffentlichen – woran genau geforscht wird, aber nicht. Der Vertrag mit Boehringer Ingelheim bliebe geheim.

Die Klage könnte immerhin für Rechtssicherheit sorgen. Ob Hochschulen Informationen über Forschung und Lehre herausgeben müssen, das ist im neuen Transparenzgesetz nicht eindeutig formuliert. Da sind sich Kreiß und die Uni Mainz einig. Ralf Pauli