„Es schlagen auch Ja-Aber-Rassisten zu“

Rassismus Die Beratungsstelle „Empower“ kümmert sich um Opfer rechter Gewalt in Hamburg

Ein Flüchtling wird von einem deutschen Täter in einer Asylbewerberunterkunft angegriffen, Anwohner mit eindeutigen Szene-Accessoires auf den Klamotten feinden ihre ausländischen Nachbarn an, ein schwarzer Deutscher wird in der Bahn bedroht. Die MitarbeiterInnen der Einrichtung „Empower – Beratungsstelle für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt“ unterstützen seit knapp über einem Monat Menschen wie diese, die in Hamburg zum Opfer geworden sind.

„Der Andrang ist massiv“, sagt eine Mitarbeiterin, die ihren Namen aus Angst vor Drohungen nicht in der Zeitung lesen möchte. In anderen Bundesländern sind Mitarbeiter selbst wegen ihrer Arbeit bedroht worden. Dass sie die Opfer auch vor Gericht nicht allein lassen, ist vielen Tätern ein Dorn im Auge.

„In Hamburg ist der Bedarf größer, als vielleicht gedacht wird.“ Allgemein werde angenommen, dass es rechte Gewalt nur in Ostdeutschland gebe, sagt sie. In der Hamburger Beratungsstelle sollen sich die Betroffenen selbst entscheiden können, ob sie sich juristisch gegen die Täter zur Wehr setzen wollen. Die Beratungsstelle ist deshalb bewusst nicht bei einer Sicherheitsbehörde angesiedelt, sondern bei der Weiterbildungseinrichtung Arbeit und Leben.

Zurzeit beraten und begleiten die Mitarbeiter Menschen in 25 Vorfällen.Einzelheiten über die Opfer und die genauen Vorfälle möchte die Mitarbeiterin lieber nicht erzählen. „Die Betroffenen haben ein Recht auf Privatsphäre“, sagt sie. Ihre Bedürfnisse stünden im Mittelpunkt der individuellen Begleitung.

„Die Hemmschwelle, sich zu melden, möchten wir so gering wie möglich halten“, sagt sie. Die Betroffenen, junge und auch älter Menschen, litten an den körperlichen und seelischen Folgen des Angriffs. Das Erlebte soll nicht durch zusätzliche Erwartungen von Außen erschwert werden.

Mit den Opfern treffen sich die BeraterInnen dort, wo sich die Menschen am wohlsten fühlen. Die Beratung sei vertraulich und kostenlos, sagt sie – „auf Wunsch auch anonym“. Die Hilfe umfasst eine emotionale Betreuung, die Vermittlung von ärztlichen und therapeutischen Angeboten und juristische Unterstützung. Ganz im Sinne des Projektnamens „Empower“ liegt der Fokus der Arbeit vor allem darin, die Handlungsstrategien der Betroffenen zu stärken. Klassische Hilfe zur Selbsthilfe also. Verändert hätten sich hingegen die Täter. Neben offen auftretenden Rechtsextremen, schlügen auch die „Ja-Aber-Rassisten“ zu, sagt die Beraterin. Andreas Speit