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Brüsseler Kuhhandel mit Erdoğan

BRÜSSEL taz | Solidarität war gestern, nun schaltet Europa auf Abschottung um. Das war das Leitmotiv beim vierten EU-Flüchtlingsgipfel, der am frühen Freitagmorgen in Brüssel zu Ende ging. Bei der Abriegelung der Grenzen soll vor allem die Türkei helfen, beschlossen Kanzlerin Angela Merkel und ihre 27 Amtskollegen. Zuvor hatten sie einen umfangreichen Wunschkatalog von Staatschef Recep Tayyip Erdoğan entgegengenommen.

Die Forderungen reichen von einer Verdreifachung der geplanten Finanzhilfe auf 3 Mil­liarden Euro über eine Beschleunigung der zugesagten Visum­erleichterungen bis zu einer Wiederaufnahme der unterbrochenen EU-Beitrittsgespräche. Erdoğan fordert zudem, künftig an EU-Gipfeln teilnehmen zu dürfen. Zudem will er für die Türkei den Status als „sicheres Herkunftsland“.

Das sei ja eine Wunschliste wie zu Weihnachten, wunderten sich EU-Diplomaten. Vor allem die 3-Milliarden-Euro-Forderung sei unverschämt. Doch Merkel zeigte Verständnis. „Die Summe von 3 Milliarden Euro hat eine Rolle gespielt“, sagte die Kanzlerin nach dem Gipfel. Sie dürfte auch bei der Reise nach Istanbul zur Sprache kommen, die Merkel am Sonntag plant.

Gegen allzu schnelle Zugeständnisse an Erdoğan hatte sich vor allem Frankreichs Staats­präsident François Hollande ausgesprochen. Es komme nicht infrage, der Türkei schon jetzt mehr Einreisevisa nach Europa zu versprechen. Auch EU-Ratspräsident Donald Tusk trat auf die Bremse. Erdoğan könne mit Hilfe nur rechnen, wenn er den Flüchtlingsstrom nach Europa effektiv begrenze.

Doch die EU-Kommission macht Druck. Kommissionschef Jean-Claude Juncker hatte eigens seinen Vize Frits Timmermans nach Ankara geschickt, um einen „Aktionsplan“ auszuhandeln. Neben der Finanzspritze sieht der Plan vor, dass der Kampf gegen Schlepper verstärkt und die Flucht nach Europa erschwert wird. Die Türkei soll zudem Registrierungszentren errichten und nicht anerkannte Asylbewerber schneller abschieben. Eric Bonse

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