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Die Generalin zieht weiter

Partei Nach nur zwei Jahren im Amt wechselt SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi ins Bundesarbeitsministerium. Ihr Verhältnis zu Parteichef Sigmar Gabriel galt als gestört

von Pascal Beucker

BERLIN taz/dpa | Einen besonders niedergeschlagenen Eindruck machte Sigmar Gabriel nicht. Gerade mal eineinhalb Minuten Zeit nahm sich der SPD-Vorsitzende, um nach der SPD-Präsidiumssitzung am Samstag in Berlin den bevorstehenden Abschied von seiner Generalsekretärin bekannt zu geben. Die obligatorischen Höflichkeitsfloskeln beschränkte er auf ein Mindestmaß.

„Die SPD gewinnt sozusagen eine fachlich exzellente Staatssekretärin und verliert eine engagierte Generalsekretärin“, sagte er zum überraschenden Wechsel von Yasmin Fahimi ins Bundesarbeitsministerium. Fall erledigt, Problem gelöst.

Fahimi ist erst seit knapp zwei Jahren im Amt. Noch vor drei Wochen hatte die gebürtige Hannoveranerin angekündigt, sich auf dem SPD-Parteitag Mitte Dezember zur Wiederwahl zu stellen. Allerdings galt ihr Verhältnis zum sprunghaften und zu autoritären Atti­tüden neigenden Parteichef Gabriel als – freundlich formuliert – angespannt. Mehrfach gerieten die beiden aneinander. Zudem verfügte die 47-jährige Quereinsteigerin, die von der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) gekommen war, nicht über jene Seilschaften, die in der als Intri­genstadl geltenden Berliner SPD-Zentrale überlebenswichtig sind.

So erscheint ihr Umzug zum Jahreswechsel von der Wil­helmstraße 141 ein paar Querstraßen weiter in die Wilhelmstraße 49, dem Sitz des Bundesarbeitsministeriums, als eine Flucht aus der Schlangengrube. Im Bundeswirtschaftsministerium wird sie Nachfolgerin von Jörg Asmussen, der zur Staatsbank KfW nach Frankfurt wechselt. Am Mittwoch hatte ihr Arbeitsministerin Andrea Nahles das Angebot unterbreitet. Nahles und Fahimi kennen und schätzen einander aus gemeinsamen Juso-Zeiten in den neunziger Jahren.

Gabriel wird ein problematisches Verhältnis zu Frauen nachgesagt

„Mein Amt als Generalsekretärin der SPD habe ich mit viel Herzblut und Leidenschaft ausgefüllt“, sagte Fahimi am Samstag in Berlin in ihrem ersten Interview nach der Entscheidung. Zugleich betonte sie, dass sie sich als „leidenschaftliche und erfahrene Gewerkschafterin“ auf ihre neue Arbeit freue. „Ich bin mit den Themen Arbeitsmarkt und Rentenpolitik eng vertraut“, sagte Fahimi. „Ich sehe darin die zentralen sozialen und politischen Fragen unserer Zeit.“

Für Sigmar Gabriel, dem ein nicht immer unproblematisches Verhältnis zu selbstbewussten Frauen nachgesagt wird, ist der Wechsel ein Glücksfall. Seit Monaten schwirrten Gerüchte umher, er sei auf der Suche nach einer Neubesetzung, der er die Organisation des SPD-Bundestagswahlkampfs 2017 zutraut. Doch das Risiko, Fahimi gegen ihren Willen auszutauschen, hatte er gescheut. Nun kann er auch so ohne sie planen. Im Präsidiums sei verabredet worden, dass er wieder eine Frau als Generalsekretärin vorschlagen werde, sagte Gabriel. Einen Namen nannte er noch nicht.

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