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Großrazzia gegen Islamisten

Türkei Ein Großaufgebot an Polizisten sucht im gesamten Land nach versteckten Attentätern. In Diyarbakir werden dabei sieben Gesuchte und zwei Polizisten getötet

Ein maskierter türkischer Polizist beim tödlichen Einsatz in Diyarbarkir am Montag Foto: Mahmut Bozarslan/ap

Aus Istanbul Jürgen Gottschlich

Auf den ersten Blick sah es aus wie so häufig in den letzten Wochen in Diyarbakir, der größten kurdischen Stadt der Türkei. Schwerbewaffnete Polizisten riegelten mehrere Straßen ab, es waren Schüsse zu hören, gepanzerte Fahrzeuge verstärkten die Polizeitruppen und rückten gegen zwei Häuser vor. Stundenlang ging das so am Montagmorgen, am Ende waren neun Menschen tot und drei Verdächtige festgenommen. Der große Unterschied zu der sonstigen Szenerie in Diyarbakir: Es ging nicht gegen Anhänger der kurdischen PKK, sondern gegen einen Unterschlupf des Islamischen Staates mitten in Diyarbakir.

Zwei tote Polizisten und sieben getötete Islamisten sind das Resultat einer Großrazzia gegen IS-Zellen in der Türkei, die derzeit auf Hochtouren läuft. Nach Informationen des türkischen Geheimdienstes sollen aus Syrien eingereiste IS-Terroristen den Auftrag haben, nach dem verheerenden Attentat in Ankara vor zwei Wochen noch vor der Wahl am 1. November einen weiteren spektakulären Anschlag in der Türkei zu verüben. Vier Namen hat die Polizei am Wochenende öffentlich gemacht und per Foto zur Fahndung ausgeschrieben, darunter ist eine Frau, die in Kasachstan geboren ist, aber lange in Deutschland gelebt hat und die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.

Einer dieser vier mutmaßlichen IS-Terroristen ist Ömer Denis Dündar, der Mann der Deutschkasachin, der bereits an dem Attentat in Ankara beteiligt gewesen sein soll. Dündar, seine Frau und die übrigen beiden Gesuchten gehören zu der IS-Terrortruppe aus der Kleinstadt Adiyaman im Osten der Türkei, auf deren Konto bereits drei Terroranschläge gehen. Zunächst der Anschlag auf eine Wahlveranstaltung der HDP zwei Tage vor den Wahlen am 7. Juni mit zwei Toten, dann der Terroranschlag in Suruc am 20. Juli mit 33 Toten und zuletzt das Attentat auf die Friedensdemo in Ankara mit 102 Toten.

Erstmals geht die Polizei ernsthaft gegen das Netz der IS-Islamisten vor

Ob sich ein Gesuchter unter den getöteten Islamisten in Diyarbakir befindet, ist noch nicht bekannt. Nach Angaben türkischer TV-Sender wurden am Montag über 100 weitere IS-Stützpunkte in der Türkei durchsucht. Erstmals scheint die Polizei jetzt ernsthaft gegen das Netz der IS-Islamisten in der Türkei vorzugehen, nachdem die Sicherheitskräfte fast drei Jahre lang gegenüber den islamischen Fundamentalisten alle Augen zugedrückt hatten.

Aus Angst vor weiteren Attentaten hatte die kurdisch-linke HDP als bisheriges Hauptangriffsziel des IS bereits nach dem Terroranschlag in Ankara alle Großveranstaltungen im Vorfeld der Wahlen abgesagt. Auch die oppositionelle sozialdemokratische CHP hält sich im Wahlkampf mit Großveranstaltungen unter freiem Himmel sehr zurück. Selbst die regierende AKP, der viele Oppositionelle eine Komplizenschaft mit dem IS nachsagen, bekommt die Angst vor Anschlägen mittlerweile zu spüren. Bei ihrer zentralen Wahlkampfveranstaltung in Istanbul am Sonntagnachmittag kamen weit weniger Leute als erwartet. Statt mehrerer hunderttausend Anhänger verloren sich vielleicht 30.000 Besucher auf dem riesigen Gelände. Erfolgreicher Wahlkampf sieht anders aus.

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