Druck auf Auto-Kontrolleure

VW-SKANDAL Umweltschützer fordern Auflösung des Kraftfahrt-Bundesamtes. BaWü-Ministerpräsident Kretschmann sieht Gefahren für den Standort Deutschland

Schmutzig: Pfütze in Wolfsburg Foto: Julian Stratenschulte/ap/dpa

von Richard Rother

BERLIN taz | Im Zuge der VW-Abgasaffäre kommen nun auch die Kontrollbehörden in Deutschland unter Druck. Die Deutsche Umwelthilfe, die seit Jahren auf Tricksereien bei Fahrzeugtests hinweist, fordert nun die „Teil­auf­lösung des Kraftfahrtbundesamtes“ und die Schaffung einer unabhängigen, nicht weisungsgebundenen Überwachungsbehörde nach dem Vorbild der unabhängigen US-Überwachungsbehörde EPA. „Wir haben in den vergangenen acht Jahren erlebt, wie das ehemals stolze Kraftfahrt-Bundesamt zum devoten Dienstleister der Autobauer verkam“, sagt der Bundesgeschäftsführer der Umweltorganisation, Jürgen Resch.

Zudem hält die Organisation die Ahnungslosigkeit der Bundesregierung im VW-Skandal für unglaubwürdig. In den vergangenen Jahren habe die Deutsche Umwelthilfe „in unzähligen Pressekonferenzen, Fachgesprächen, mit Veröffentlichungen, Abgastests und Aktionen vor immer dreisteren – weil folgenlos bleibenden – Verstößen gegen Gesundheits- und Klimaschutz bei den Abgasemissionen und Spritverbräuchen“ gewarnt, klagt Resch. Auch persönliche Interventionen hätten kein Ergebnis erbracht.

Vor knapp zwei Wochen war bekannt geworden, dass VW in den USA mit Abgaswerten von Dieselfahrzeugen bei Tests betrogen hatte. Die entsprechende Software kann dafür sorgen, dass während der Labortests deutlich weniger gesundheitsschädliche Stickoxide gemessen werden als im Straßenbetrieb. Das Computerprogramm wurde nach Firmenangaben in weltweit rund elf Millionen Fahrzeugen mit dem Dieselmotor EA 189 installiert, es soll aber nicht in allen aktiviert sein. Am Dienstag gab die spanische VW-Tochterfirma Seat bekannt, dass rund 700.000 ihrer Autos von der Abgas-Affäre betroffen seien. Das Unternehmen stoppte vorübergehend den Verkauf von Autos mit dem EA-189-Motor.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sieht mit der VW-Affäre das weltweite Vertrauen in deutsche Wertarbeit in Gefahr. Die VW-Affäre sei ein „Desaster ersten Ranges“ und könne das Vertrauen in die Marke „Made in Germany“ erschüttern, sagte Kretschmann am Dienstag in Stuttgart. Die ganze Welt verbinde mit „Made in Germany“ Zuverlässigkeit, ­Solidität, technische Kompetenz und Technologieführerschaft. Baden-Württemberg habe ein großes Interesse daran, das Vertrauen in die Automobilindustrie wiederherzustellen. Denn in dem Bundesland hänge jeder vierte Arbeitsplatz von der Branche ab. Kein Zweifel bestehe aber da­rüber, dass die Abgastests im Labor die Verbräuche und Emissionen realistischer abbilden müssten.

Das Forum Ökologische Marktwirtschaft fordert indes, die Subventionierung von Diesel zu beenden. „Der aktuelle Fall zeigt, warum ein steuerlich verbilligter Dieselkraftstoff ­Manipulationen begünstigt“, sagte Geschäftsführer Björn Klusmann. Diesel sei schmutziger und gesundheitsgefährdender als Benzin. Derzeit ist etwa jeder zweite Neuwagen in Deutschland ein Dieselfahrzeug.