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„Nicht nur für Gutverdiener“

LEBENSQUALITÄT Hartz-IV-Empfänger klagt, weil er sich seine vegane Ernährung nicht leisten kann

Frauke Girus-Nowoczyn

53, die Heilpraktikerin ist die Vorstandsvorsitzende des Bundes für vegane Lebensweisen in Berlin

taz: Frau Girus-Nowoczyn, heute klagt ein Hartz-IV-Empfänger, weil er sich von der staatlichen Unterstützung seine vegane Ernährung nicht leisten kann. Ist vegane Ernährung wirklich so teuer?

Frauke Girus-Nowoczyn: Nein, vegane Ernährung funktioniert nicht nur für Gutverdiener. Wenn man sich sehr viele Fertigprodukte kauft, wird es teuer. Wenn man aber viel selbst macht, ist es günstiger. Und es kommt auf die eigenen Ansprüche an. Idealerweise ernährt man sich vegan und bio. Das wird mit wenig Geld schon schwieriger. Aber es ist trotzdem nicht unmöglich.

Wie kann man denn beim Einkaufen sparen?

Es gibt so viele Fertigprodukte, die man besser und günstiger selbst machen kann. Zum Beispiel einen Aufstrich aus Trockenfrüchten. Einfach die Früchte einweichen und würzen. Das ist deutlich günstiger als fertige Gläschen aus dem Laden. Fleisch- und Käseersatzprodukte sind natürlich teuer. Die kann man sich mit wenig Geld wie dem Hartz-IV-Satz nur selten leisten.

Und wie sieht es mit veganen Hygieneprodukten aus?

Auch hier findet man günstige Produkte in Drogeriemarktketten.

Aufstriche selbst machen, günstige Produkte finden – das ist mit einem großen Zeitaufwand verbunden, oder?

Das stimmt, aber es kommt auch darauf an, wie ich vor der Ernährungsumstellung gelebt habe. Wenn ich mir vorher jeden Abend eine Fertigpizza gemacht habe, ist Selbermachen großer Zeitaufwand. Wenn ich immer selbst gekocht habe, ist der Zeitaufwand zwar auch größer, aber nur, weil ich etwas Neues lerne.

Dem Kläger wurde vorgeschlagen, doch einfach ein Mittel gegen Lactoseunverträglichkeit einzunehmen.

Das löst das Problem überhaupt nicht. Selbst wenn er lactoseintolerant ist, ist es trotzdem sein gutes Recht, auf Milchprodukte zu verzichten. Ganz ohne etwas einzunehmen.

Interview: Stefanie Diemand

Nicht öffentlicher Prozessbeginn: 11.40 Uhr, Sozialgericht, Dammtorstraße 7

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