US-Tycoon und Politiker Donald Trump: Großmäulig mit dem Riecher im Wind

Nicht dumm, aber dreist: Donald Trump teilt aus. Die USA schauen zu, als handele es sich um einen Ringkampf und nicht um eine Wahl.

Donald Trump steht an einem Rednerpult

Politiker ist er erst seit Juni, selbstbewusst schon etwas länger: Donald Trump im August in Alabama. Foto: ap

NEW YORK taz | Sein Name steht auf dem Hinterteil von Hubschraubern. Er prangt auf der Fassade von Hochhäusern. Auf Spielkasinos. Auf Golfclubs. Auf Wodkaflaschen. Und demnächst könnte er auch am Weißen Haus landen. Es würde zum „Trump House“, falls der gegenwärtige Spitzenkandidat der Republikanischen Partei es schaffen sollte, die Nominierung seiner Partei zu gewinnen und wider alle Erwartung im November 2016 zum nächsten US-Präsidenten gewählt zu werden.

„Branding“ ist eine Stärke von Donald Trump. Überall seinen Namen hinterlassen. Als er das Immobilienimperium von seinem Vater erbte, das damals bereits mehrere Hundert Millionen wert war, benannte er es in „The Trump Organization“ um. Heute ist es zwischen 7 Milliarden (Forbes) und 10 Milliarden (nach Trumps umstrittener Selbsteinschätzung) Dollar wert.

Der 69-Jährige prägt Sätze, die auf eine Schirmmütze passen, wie „Amerika wieder stark machen“, den er von Ronalds Reagans Präsidentschaftswahlkampf 1980 hat. Ein anderer populistischer Slogan: „Trump baut Mauern.“ Das sagt er bei einem Wahlkampfauftritt – im konkreten Fall meint er die Mauer, die er längs der mexikanisch-US-amerikanischen Grenze bauen will.

Dumm ist er nicht. Aber dreist. Mit dem Riecher im Wind. Und mit jeder Menge Verachtung für alle anderen. Seinen Konkurrenten Jeb Bush fordert er auf, „in Amerika“ solle er Englisch reden. Der Konkurrent, der mit einer Mexikanerin verheiratet ist, hatte bei einem Meeting ein paar Worte auf Spanisch gesagt.

Über Hillary Clinton erzählt er, dass sie und ihr Mann zu seiner dritten Hochzeit gekommen seien – weil er ihrer Stiftung großzügig gespendet habe. Trump: „Ich gebe jedem Politiker. Sie tun, was immer ich will.“ Er sagt auch, er sei „sehr reich“ und daher unabhängig von Geldgebern.

Trump teilt großmäulig aus. Bush ist für ihn „nett, aber energielos“. Der Texaner Rick Perry „trägt Brille, um smart auszusehen“. Und Lindsey Graham ist einfach nur „steif“. Aber wenn Trump selbst kritisiert wird, reagiert er empfindlich. Er antwortet Kritikern mit Beleidigungen, mit Diffamierungen und mit Klagen. Gegen Journalisten, die ihn etwas härter angehen, startet er Rufmord-Kampagnen, in denen er sie systematisch als „Verlierer“ bezeichnet.

„Bimbo“ und „Versager“

Die „FoxNews“-Moderatorin Megyn Kelly, die ihn fragt, warum er Frauen auch mal „Schweine, Hündinnen et cetera“ nennt, bezeichnet er als „Bimbo“ (Tussi) und „völlig überbewertet“.

Dem konservativen Journalisten Hugh Hewitt, der in einem Interview herausfindet, dass Trump weder den Unterschied zwischen Hamas und Hisbollah noch den zwischen Kurden und der iranischen Revolutionsgarde Kuds kennt, ruft der Kandidat per Tweet hinterher: „Versager“. Den „Univision“-Journalisten Jorge Ramos, der wissen will, wie es logistisch möglich sein soll, 11 Millionen Menschen zu deportieren, lässt er aus dem Saal schmeißen. Und die Korrespondentin der Zeitung Des Moines Register, die ihn zum Rücktritt wegen Inkompetenz auffordert, streicht er von der Liste der bei ihm akkreditierten Journalisten.

Humor auf seine Kosten erträgt Trump überhaupt nicht. Der Kolumnist Frank Cerabino in Florida bekam einen ganzen Stapel Beschwerden – wegen der Kolumnen über Trumps viel zu hohen Fahnenmast in Palm Beach, über seine Proteste gegen das dortige County-Gefängnis neben seinem Golfplatz und über seine lauten Partys. Dann verklagt Trump den Journalisten Bill Maher, der ein Geburtszertifikat sehen will, das belegt, dass Trump nicht von Orang-Utans abstammt. Der Kolumnist Cerabino beschreibt den Rechtsstreit genüsslich. Woraufhin Trump per Tweet die „Einschläferung“ der Palm Beach Post verlangt, „eine der dümmsten Zeitungen“.

Donald Trump

„Ich bin der Star der Einschaltquoten“

Die Nation guckt zu, als handle es sich nicht um einen Wahl-, sondern einen Ringkampf, was neben Golf der zweite Lieblingssport von Trump ist.

Jeder neue Ausfall des Kandidaten kommt in die Schlagzeilen. Und der Sender CNN, der am 16. September die nächste republikanische TV-Debatte überträgt, kann sich auf Rekordeinnahmen für die Werbepausen freuen: 200.000 Dollar pro halbe Sekunde. „Ich bin der Star der Einschaltquoten“, prahlt Trump. Damit hat er recht.

Die Vorwahlen: Anfang Februar 2016 beginnen die Vorwahlen, traditionell im ländlich geprägten Bundesstaat Iowa.

Heiße Wahlkampfphase: Im Herbst 2016 wird es entscheidend: Fast täglich erscheinen neue Umfrageergebnisse, Kandidaten debattieren im Fernsehen und die Bevölkerung wird mit Wahlwerbespots überschwemmt.

Tag der Entscheidung: Am 8. November 2016 finden die Präsidentschaftswahlen statt. Gekürt wird das Staatsoberhaupt nicht nach Prozentanteilen, sondern nach Wahlmännerstimmen, welche die Kandidaten in den einzelnen Bundesstaaten erringen müssen. Amtsinhaber Barack Obama darf nach seinen zwei Amtszeiten nicht erneut antreten. (afp)

„Politiker“ ist Trump erst seit Juni, als er in seinem kitschigen und vergoldeten New Yorker Trump-Tower auf der Rolltreppe zu einer Pressekonferenz herunterfuhr, um seine Kandidatur bekannt zu geben. In den Jahrzehnten zuvor hatte er nur mit einem solchen Schritt gedroht. Jetzt ist er in Rekordzeit zu dem populärsten aller 17 republikanischen Kandidaten geworden. Und ist darüber selbst verblüfft. In einem Interview mit dem Golf Digest sagt er: „Ich hatte keine Ahnung, dass es so groß werden würde. Nummer eins, diese intensive Populärität, und die Umfragen. Ich habe nicht gedacht, dass es so schnell gehen würde.“

Nur zwei andere KandidatInnen im republikanischen Feld können Trump das Wasser reichen: der Hirnchirurg Ben Carson und die Spitzenmanagerin Carly Fiorina. Auch sie beide kommen von außerhalb des üblichen Politzirkus. Alle drei sind bar jeder Erfahrung in der Partei und in gewählten Ämtern. Nach sechs Jahren radikal rechter Bewegungen, in denen die Tea Party ideologisch den Ton angab, ernten jetzt nicht deren Präsidentschaftskandidaten , sondern die Außenseiter die Früchte der Arbeit. Die drei Außenseiter bündeln die Wut auf alles, was die US-Politik ausmacht: „Washington“, der Kongress und die Republikanische Partei.

Parteidisziplin ist ein Fremdwort

Die Apparatschiks der Partei waren auf eine Konfrontation zwischen radikalen Tea-Party-Vertretern und traditionellen Republikanern eingestellt. Stattdessen müssen sie jetzt mit drei Leuten umgehen, die sie nicht wirklich durchschauen. Und für die Parteidisziplin ein Fremdwort ist. Am meisten zittert die Partei vor Trump. Der jonglierte mit der Möglichkeit, notfalls als unabhängiger Kandidat anzutreten, falls die Partei jemand anderen nominieren sollte. Angesichts seiner hohen Popularität könnte das die Partei den Sieg kosten.

In der vergangenen Woche machte der Chef des Parteivorstands der Republikaner, Reince Priebus, einen tiefen Kotau vor Trump. Priebus reiste in den goldglitzernden, kitschigen Trump-Tower in New York, wo der Kandidat ein schriftliches Loyalitätsgelübde ablegte, in dem er bestätigte, dass er auf eine unabhängige Präsidentschaftskandidatur verzichten will. Im Gegenzug garantierte die Partei ihm Fairness.

Eine politische Linie ist in Trumps Vita schwer auszumachen. Er hat Geld gemacht. Hat – mit einigen Produkten – Bauchlandungen gemacht. Und steht – in New York und Kalifornien – gegenwärtig vor Betrugsklagen gegen seine inzwischen geschlossene „Trump-Universität“. Allein in New York sind rund 600 Exstudenten um mehrere Tausend Dollar betrogen worden. Aber politisch war er ein paar Jahre lang Demokrat, ein paar Jahre lang Republikaner und ein paar Jahre lang Unabhängiger. Er hat Ronald Reagan und Demokraten Geld gespendet.

Den Stundenlohn auf die Hand

Er war erst für und dann gegen eine Gesundheitsreform. Und er reibt sich zwar gegenwärtig an Obamas Einwanderungspolitik, ist aber selbst immer von Einwanderern umgeben. Seine Großeltern väterlicherseits stammen aus Kallstadt an der Weinstraße. Seine Mutter ist in Schottland geboren. Zwei seiner drei Frauen kommen aus Europa und haben erst durch ihre Ehe mit ihm ihre US-Staatsangehörigkeit erhalten. Und bei Abrissarbeiten an der 5th Avenue beschäftigte er Kolonnen von papierlosen polnischen Arbeitern, die ihren Stundenlohn bar auf die Hand bekamen.

Trumps Unterstützern sind dessen große und kleine Widersprüche egal. Am Rand einer Pro-Israel-Demonstration auf der Upper East Side in New York sitzt eine alte Dame mit Goldkettchen, kleinem Hund und dicker Puderschicht auf einem Mäuerchen. An ihrem Revers trägt sie einen selbstgebastelten runden Trump-Sticker. Sie erzählt, dass ihr oft Leute mit erhobenen Daumen entgegenkommen. „Er ist ein fabelhafter Typ“, schwärmt sie: „Er sagt genau, was wir denken. Und er redet nicht nur. Sondern er tut auch etwas. Er schafft Arbeitsplätze.“ Ihre zweite Wahl ist der texanische Senator Ted Cruz. Der wird in dieser Woche zusammen mit Trump gegen den Iran-Deal demonstrieren.

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