piwik no script img

Demonstrationen von Kurden in BerlinIn der Ferienruhe gestört

Eine Woche, nachdem der türkische Staatspräsident Erdogan erklärt hat, die Friedensverhandlungen mit der PKK abzubrechen, gehen Berliner Kurden auf die Straße.

Gehen auch in Berlin auf die Straße: Kurden. Foto: dpa

Mit zwei getrennten Demonstrationen wollen kurdische Organisationen in Berlin am Mittwoch und Donnerstag gegen die Kurdenpolitik der Türkei protestieren. Den Anfang macht am Mittwochnachmittag Komkar mit einer Protestaktion vor der türkischen Botschaft. Am Donnerstag ruft der Berliner Ableger der türkisch-kurdischen Partei HDP (Halklarin demokratik Partisi, Demokratische Partei der Völker) zu einer Kundgebung vor dem Außenministerium auf. Diese war am Dienstag laut Polizei allerdings noch nicht angemeldet.

Komkar ist der Dachverband PKK-kritischer Vereine, die Gewalt zur Durchsetzung eines unabhängigen Kurdistans ablehnen. Der HDP werden gute Verbindungen zur PKK nachgesagt.

Die Guerillaorganisation Partiya Karkerên Kurdistan (Kurdische Arbeiterpartei) wird vom türkischen Staat, der Europäischen Union und den USA als Terrororganisation eingestuft, PKK-Vereine sind in Deutschland verboten.

Als der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan Anfang vergangener Woche verkündete, die 2013 begonnenen Friedensverhandlungen mit der PKK endgültig abbrechen zu wollen, war es in Berlin, wo viele türkisch- und kurdischstämmige EinwanderInnen leben, zunächst ungewöhnlich still geblieben.

Auch dass die türkische Armee seither in ihrem angekündigten Kampf gegen IS und die Kurdenguerilla bevorzugt PKK-Stellungen bombardiert, lockte hier bislang niemanden auf die Straße. Das Attentat im südosttürkischen Suruçauf eine Gruppe junger Erwachsener, die in der syrisch-kurdischen Stadt Kobani beim Wiederaufbau helfen wollten, und bei dem am 20. Juli 32 Menschen getötet wurden, führte immerhin in Kreuzberg zu einer Spontandemo.

Einzig die Linken-Abgeordnete Evrim Sommer, Tochter einer kurdischen Einwandererfamilie aus der Türkei, meldete sich nach Erdoğans Erklärung in Berlin mit einer Pressemitteilung zu Wort: Sie forderte das Eingreifen Deutschlands und Europas gegen das Vorgehen der türkischen Armee – und „die Kurden in ganz Europa“ dazu auf, sich „dem Staatsterror Erdoğans“ entgegenzustellen: Sie sollten „ihren Protest gegen den IS und für Frieden und Menschenrechte friedlich auf die Straße tragen“, so Sommer, und „nicht Teil von Erdoğans Plan werden und die Situation weiter eskalieren lassen“.

Dass es in Berlin, wo es bei früheren innertürkisch-kurdischen Problemen durchaus zu Auseinandersetzungen zwischen Mitgliedern der entsprechenden Einwanderergruppen kam, bislang keine Reaktionen gab, ist teils wohl der Ferienzeit geschuldet: Viele Akteure sind schlicht nicht da.

Auch im Haus des Kurdistan Kultur- und Hilfsvereins (KKH) geht es ruhig zu. Die Kita hat Sommerpause und das gilt auch für die Deutschkurse. Dass der kurdische Verein, der der Dachorganisation Komkar angehört – dessen Bundesverband sitzt im selben Haus –, heute Kitas, Integrationskurse und Beratung für Spielsüchtige betreibe, habe schon zu der Kritik geführt, „wir hätten die kurdische Sache aufgegeben“, sagt Fevzi Aktas, Geschäftsführer des KKH. Doch das sei falsch: „Natürlich bleiben wir auch in der Kurdenpolitik aktiv, schließlich wird unser Volk in Kurdistan täglich unterdrückt. Aber wir wollen, dass die Menschen hier in Frieden miteinander leben.“

Ruhig sei es auch, sagt die Linke Sommer, „weil die kurdischen Organisationen zur Ruhe aufrufen“. Ausschreitungen, Gewalt „wären nur zu ihrem Schaden“, so Sommer. Denn es habe mit dem Kampf der Kurden gegen des IS in Nordsyrien auch hier „ein positiver Imagewandel von Kurden und kurdischen Vereinen“ stattgefunden.

Auch die Polizei rechnet mit einem friedlichen Verlauf der Kundgebungen. Zu der Komkar-Aktion sind 40 Teilnehmergruppen angemeldet.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Was mussten die Türken schon über sich alles ergehen lassen. Z.b. dass die Türken angeblich Wut, Ängste zwischen Moslems u. Christen schüren. Oder noch absurder, der Staatspräsident Erdogan sucht bewusst den Krieg mit der PKK. Weil ja wahrscheinlich vorgezogene Wahlen vor der Türe steht. Genau, Staatspräsident Erdogan arbeitet mit den Kurden zusammen. In dem die Kurden für Erdogan, den ersten blutigen Anschlag verübt haben. Kein Wort darüber, dass die kurd. Terrororganisation PKK den Waffenstillstand aufgekündigt haben u. nicht die Türkei. Kein Wort darüber, dass die PKK den ersten blutigen Anschlag (wie vor 30 Jahren) verübt hat. In dem Sie 2 Polizisten in Ihren Wohnungen während Sie schliefen, einfach erschossen haben. Obwohl der Anschlag in Suruc durch die IS-Miliz verübt worden ist, hat die PKK aus Vergeltung zwei türk. und ein Soldaten u. weitere Sicherheitskräfte getötet. Kein Wort darüber, dass in Europa Anti-Islam Partei gibt, das man Brandanschläge gegen Moscheen verübt, ...etc. Kein Wort darüber, dass die kurden in Syrien u. Nordirak andere ethnien wie Araber u. Turkmenen vertreibt, damit man eine homogene Bevölkerung aus Kurden ein Land Kurdistan errichtet......

    • @Hüseyin Akdag:

      Könne Sie mir bitte dann erklären, wo die ganzen 750.000 Tausend Binnenflüchtlinge aus Syrien hergekommen sind in den von den Kurden ausgerufenen Kantonen Rojava?

      Wenn Sie schon mal dabei sind, könnten sie mir erklären warum der männliche Part des Übergangspräsidente in Rojava Araber ist?

       

      Zur Türkei:

      Natürlich strebt Erdogan Neuwahlen an. Da sind Sie wahrscheinlich noch einer der wenigen die nicht daran glauben. Leider ist es so das in den türkischen Medien und auch hier nicht alles zu den Gefechten in Ostanatolien/Mesopotamien gesagt wird. Siehe

       

      http://rudaw.net/english/middleeast/turkey/07082015

       

      Es gibt geschnisse, die werden erst gar nicht in den türkischen Medien eingeblendet, damit man sich nicht fragt woher der Hass kommt.

       

      Da nicht alle kurdischsprachigen Medienportale zugelassen sind in der Türkei erfährt man als Türke haufig das warum nicht, dass zu diesen Ausbruchen geführt hat.

       

      Das mit der Vertreibung ist wirklich nicht wahr, da sonst auch nicht die anderen Volksgruppen in Bakur/Ostanatolien die HDP in Igidir,Mardin und Van geschlossen gewählt hätten.

       

      Lassen sie sich nicht von AKP nahen Medien manipulieren. Nachdem Massaker in Amed/Diyarbekir bei der Kungebung der HDP hat keine Zeitung, die der AKP-Regierung nahe standen von dem Vorfall berichtet.

       

      Leider ist es so, dass man sich als Bürger zweiter Klasse vorkommt momentan in der Türkei, dass sollte verhindert werden.

      • @Azad:

        Sicher doch, über 2 Millionen Flüchtlinge leben in der Türkei u. nicht wie Sie fälschlicherweise behaupten in Rojava. Da wird immer noch scharf geschossen. Zu den Neuwahlen will nur eines sagen, durch die Wahlen am 07. Juni haben die oppositionellen Parteien selber ausgenockt. Der Staatspräsident Erdogan sah damals, dass es sehr schwer wird eine Regierung zu gründen. Deshalb hatte es sich für Neuwahlen oder eine Minderheitregierung ausgesprochen. Sie meinen wohl, PKK nahe Medienportale, bitte seien Sie objektiv. Zur Vertreibung: 1.) 25.06.15 DeutschTürkischeNachrichten "In die Wüste mit euch“: Kurden vertreiben Araber aus Nordsyrien" 2.) 15.07.15 Deutschlandfunk "Die fragwürdigen Methoden der Peschmerga" 3.) 27.02.15 diepresse.com "Human Rights Watch: Kurden diskriminieren Araber" oder 4.) 25.02.15 Human Rights Watch "Irakisch-Kurdistan: Araber vertrieben, ausgegrenzt und eingesperrt "..usw. Bitte veräppeln Sie unsere LeserInnen nicht. Eher lassen Sie sich manipulieren durch die PKK nahen Medienportale. Auch das ist nicht richtig, dass man Bürger 2. Klasse ist. Korrekt müsste es heissen, als PKK-Anhänger bzw. Sympahtisanten macht man sich strafbar. Mehr auch nicht.

        • @Hüseyin Akdag:

          Sie sind nicht auf meine Fragen eingegangen und haben gar nicht verstanden - meiner Meinung nach- was ich geschrieben habe. Aus diesen besagten Gründen, würde ich Ihnen Empfehlen, meinen Text nochmals zu lesen.

           

          Zudem:

          Ich sprach von Binnenflüchtlingen, den Begriff hat man in den 90igern auch in der Türkei benutzt, wenn sie verstehen was ich meine. Fühlen sie sich nicht auf den Schlips getreten.

           

          Ich kann Ihre Argumente nachvollziehen und toleriere in keinster Weise die Ausbeutung und Vertreibung von Minderheiten, da das nur zur neuen Gewalt führt. Wie man an der Gewaltspirale in der Türkei sehen kann und gesehen hat.

  • Der Kurde da und der andere Kurde sowie der ist ein guter Kurde und der ist ein schlechter Kurde...auf subtile Art oder wie jetzt neuerdings auch bei der Zeit die Kurden langsam aber sicher zu dämonisiert werden von einem Reporter der für deutsch-türkische Nachrichten schreibt (da kann ich ja, gleich ein Journalisten von Russia Today für die Bild schreiben lassen)

     

    Leute, nicht die Kurden stehen einem Staat zur Seite der offensichtlich den islamischen Terror vor der Tür fordert und in "wahscheinlich bewußt oder unbewußt nach Europa tranferiert"

     

    Nicht die Kurden sind in der NATO und schüren Wut und fördern die Ängste zwischen Moslems und Christen auf der Welt.

     

    Wenn ich schon höre die PKK ist die HDP, dann würde ich mich fragen was das im Umkehrschluss zu bedeuten hat? 13 % Wählerstimmen für eine Frauenqoute von knapp 40%, Schwule Abgeordnete, Grüne Abgeordnete, Muftis, knapp 30 Paralmetarier die mehr als 90 Jahre im Gefängnis für die Rechte eines unterdrückten Volkes mit Worten gekämpft haben.

     

    Und jetzt werden Kurden wieder in eine Schublade gedrängt... Falls mir ein PKKler über den Weg läuft werde ich Ihn fragen, wie das gelaufen ist mit der Aufrüstung

    der christlichen Armee und der Anerkennung der Aramäischen Sprache und integration der arabischen Stämme in Rojava und warum soviel Araber und Aserbaidschaner die HDP gewählt haben.

     

    Natürlich kann man sagen die PKK ist nicht gleich zusetzen mit jedem Kurden aber kann auf Jedenfall sagen, dass die AKP-Regierung als förderer der EL-Nusra und IS gilt. Also mit anderen Worten ein NATO-Staat fördert den Hass der Zukunft. Darauf trinke ich jetzt einen...