: Sportlich in die Offensive
SPORT Die jüdischen Wettkämpfe „European Maccabi Games“ finden erstmals in Deutschland statt – ausgerechnet im Olympiapark und größer und offener als je zuvor
Von Malene Gürgen
Friede und Freude sollten die Spiele schon bringen, sagt Claudio Offenberg, Trainer beim jüdischen Fußballverein TuS Makkabi, auf einer Diskussionsveranstaltung am Donnerstag. Aber dass alles Eierkuchen und rundum in Ordnung sei, das könne man nicht behaupten, fügt er hinzu. Denn die Entscheidung, die „European Maccabi Games“ – auf Deutsch auch Makkabiade genannt – nach Berlin zu bringen, ist den Organisatoren und Beteiligten nicht leicht gefallen.
Groß waren die generellen Bedenken gerade der älteren Generation und groß auch die konkreten Ängste gerade angesichts der Häufung antisemitischer Vorfälle in letzter Zeit. „Als wir im letzten Sommer die antisemitischen Demonstrationen an unserem Berliner Büro vorbeiziehen sahen, haben wir schon überlegt, ob wir einen Schritt zurückgehen müssen“, sagt Organisator Oren Osterer.
Letztendlich hat man sich nicht für den Schritt zurück entschieden, sondern für einen ordentlichen Satz nach vorn: Die alle vier Jahre stattfindenden Spiele, bisher laut Osterer eher eine „jüdische Familienveranstaltung“, sollen in diesem Jahr größer, offener und öffentlich wahrnehmbarer sein als je zuvor. Mehr als 2.000 SportlerInnen aus 40 Ländern werden für die vom 27. Juli bis 5. August stattfindenden Wettkämpfe anreisen, in 19 Sportarten werden die Wettkämpfe ausgetragen.
Veranstaltungsort ist mit dem Olympiapark jener Ort, an dem die Nazis 1936 unter dem Ausschluss jüdischer SportlerInnen die Olympischen Spiele ausrichteten. Gerade dort die wichtigste jüdische Sportveranstaltung stattfinden zu lassen sei für ihn eine besonders bewegende Entscheidung, sagt Offenberg.
Neues Meldesystem
Makkabi ist die weltweite jüdische Sportbewegung; die erste Makkabiade wurde 1932 in Israel ausgetragen. Heute finden die Makkabiade in Israel und die Europäische Makkabiade jeweils alle vier Jahre statt, in Deutschland wurden die Spiele bisher allerdings noch nie ausgetragen. Beim TuS Makkabi, wo Juden und Nichtjuden gemeinsam spielen, kennt man sich aus mit den Herausforderungen für jüdische Sportteams in Deutschland: Antisemitische Vorfälle seien keine Seltenheit und reichten von dem Zuschauer, der sich weigere, „den Juden“ das Eintrittsgeld zu geben, bis hin zu verbalen und körperlichen Angriffen, sagt Offenberg. Bis etwa 2008 seien diese vor allem „aus der rechten Ecke“ gekommen; heute, in geringerem Umfang, eher von arabisch-muslimischen Menschen. Von den Maccabi Games erhofft Offenberg sich einen „Schub“, eine erhöhte Sichtbarkeit auch für den eigenen Verein.
Veranstaltet wurde die Diskussion im Rathaus Charlottenburg von der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS), die auch ein neues, digitales Meldesystem für antisemitische Vorfälle vorstellte. Damit sollen Vorfälle von der merkwürdigen Bemerkung bis zum körperlichen Angriff besser erfasst und gleichzeitig den Betroffenen schnelle Hilfe und Beratung vermittelt werden. Durch mehrsprachige Flugblätter und über soziale Netzwerke sollen die SportlerInnen über das neue Meldesystem informiert werden, sagt RIAS-Leiter Benjamin Steinitz – auch wenn man natürlich hoffe, es möglichst wenig benötigen zu müssen.
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