: Mit allen friedlichen Mitteln
Stadtentwicklung Bei einer geplanten Innenhofbebauung in Ottensen fühlen sich viele Anwohnerüber den Tisch gezogen. Die Bezirkspolitik stellt jetzt ihren eigenen Beschluss wieder in Frage
Eigentlich dachten sie, sie hätten schon gewonnen, die Leute vom Bündnis Otte 60. Im November sprach sich der Altonaer Planungsausschuss dafür aus, ihren Hof zwischen Behringstraße, Friedensallee, Hohenzollerndamm und Großer Brunnenstraße nur ein wenig „nachzuverdichten“ – nicht ganz so wenig, wie sie es sich gewünscht hätten, aber eben so, dass sie damit leben konnten. Doch inzwischen ist alles wieder anders:
Am Montagabend stellte der Bauherr Pläne vor, die den Beschluss wieder in Frage stellen. Otte 60 fühlt sich über den Tisch gezogen. „Wir haben anderthalb Jahre mit der Politik um einen Kompromiss gerungen“, sagte der Anwohner Adolf Stolze am runden Tisch zu den Vertretern der Politik, der Verwaltung und des Bauherrn. „Das ist für uns eine wahnsinnige Enttäuschung.“
In dem großen Block spielt sich ein typischer Konflikt ab, wie er vom Wohnungsbauprogramm des Senats erzeugt wird. Die SPD hat versprochen, pro Jahr 6.000 Wohnungen zu bauen und dabei auf Großsiedlungen auf der Wiese zu verzichten. Also müssen Baulücken gefüllt und Grundstücke besser ausgenutzt werden.
Der Entwurf für den Bebauungsplan Ottensen 60 sieht vor, den Blockrand zu schließen, die Schuppen im Hof abzureißen und dafür Wohnhäuser zu errichten. Umstritten ist, wie viele Wohnungen gebaut werden sollen und wie hoch die Häuser im Hof werden dürfen. Nach dem Beschluss des Planungsausschusses unter Enthaltung der SPD sollen die Häuser maximal 9,50 Meter hoch und mit höchstens 7.300 Quadratmetern Geschossfläche gebaut werden. Das hätte rund 70 Wohnungen entsprochen.
Der Grundeigentümer Christian Gloe peilt dagegen bis zu 140 Wohnungen auf rund 12.000 Quadratmetern an, weshalb es an diesem Montag ein viertes Treffen am runden Tisch gab. Gloe wies darauf hin, dass Grundstücke in Ottensen im Schnitt mehr als doppelt so dicht bebaut würden, wie es Ottensen 60 vorsieht. Eine derart lockere Bebauung sei „unverantwortlich gegenüber denen, die eine Wohnung suchen“.
Auch der von Gloe beauftragte Bauunternehmer Stefan Wulff plädierte dafür, neu zu planen. „Wir hatten die besten Wettbewerbsergebnisse, wo wir wenig festgelegt haben“, sagte er. Die Runde einigte sich, den Auslobungstext für so einen Wettbewerb erarbeiten zu lassen. Unklar blieb, ob dieser sich an der Bebauungsdichte der Nachbarschaft orientieren soll. Einige Vertreter der Initiative pochten darauf, dass die Baumasse nicht wesentlich größer werden dürfe. KNÖ
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