: Größere Überkapazitäten auf dem Strommarkt
Energie Der Anstieg des Angebots führt zu sinkenden Großhandelspreisen
Damit kommt die Energiewende auch bei den fossilen Kraftwerken an, die aufgrund der niedrigen Preise immer öfter stillstehen: Im Mai bereits war die Stromerzeugung aus Kohle und Erdgas in Deutschland auf den niedrigsten Monatswert seit der Atomwende gesunken, die in Deutschland nach der Katastrophe im japanischen Kernkraftwerk Fukushima eingeleitet worden war. Mit 16,9 Milliarden Kilowattstunden an fossil erzeugtem Strom wurde der bisherige Tiefstwert vom August 2014 –- damals waren es 17,2 Milliarden Kilowattstunden –noch einmal unterschritten.
Und der Maiwert war keine Momentaufnahme, auch in der Halbjahresbilanz ist der Rückzug der Fossilen erkennbar: In den ersten sechs Monaten des Jahres 2015 wurde gut 2 Prozent weniger Fossilstrom erzeugt als im gleichen Zeitraum des Vorjahres und sogar 13 Prozent weniger als 2013. Diese Daten veröffentlichte jetzt das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme unter Bezug auf Daten der Leipziger Strombörse EEX Allerdings könnte die Stromerzeugung aus fossilen Energien in Deutschland noch weitaus stärker fallen, würden die Betreiber der Kraftwerke nicht immer mehr Strom im Ausland absetzen. Allein in den ersten sechs Monaten des Jahres 2015 erzielte Deutschland einen Exportüberschuss von 25 Milliarden Kilowattstunden, gegenüber knapp 19 Milliarden im Vorjahreszeitraum. Damit ist es wahrscheinlich, dass das Jahr 2015 abermals mit einem Rekord beim Stromexport enden wird; der bisherige Spitzenwert der deutschen Stromgeschichte lag bei 35,5 Milliarden Kilowattstunden im Jahr 2014.
Die Überkapazitäten an Großkraftwerken sind in weiten Teilen Europas inzwischen erheblich. Laut „Grünbuch“ des Bundeswirtschaftsministeriums vom vergangenen Oktober betragen die „Überkapazitäten an gesicherter Leistung in Europa derzeit mindestens 100 Gigawatt“. Bezogen auf die fossilen Großkraftwerke und die Atomreaktoren entspricht das einem Überhang von rund 13 Prozent.
Von den Überkapazitäten, so heißt es weiter, lägen „rund 60 Gigawatt in dem für Deutschland relevanten Strommarktgebiet.“ Dies ist näherungsweise die Region bestehend aus Deutschland, seinen Nachbarn und Italien. Marktakteure, wie jüngst etwa der Schweizer Stromkonzern Axpo, sprechen bereits von einer „Stromschwemme“. Und doch scheuen sich die allermeisten Kraftwerksbetreiber, ihre Überkapazitäten aus dem Markt zu nehmen. Denn die Betreiber wissen natürlich ganz genau, dass mit jedem Kraftwerk, das vom Netz geht, die verbleibenden Anlagen wieder ertragreicher werden – und so ist es nicht verwunderlich, dass der ruinöse Preiskampf immer weiter voranschreitet.Bernward Janzing
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen