: „Vision für Europa“
SOLIDARITÄT Ein Bündnis ruft zur Demonstration gegen die Sparauflagen für Griechenland auf
66, ist bei der Nichtregierungsorganisation Attac für die Zeitschrift Sand im Getriebe verantwortlich.
taz: Frau Vernhes, Sie demonstrieren heute nicht nur gegen die Politik der Troika, sondern für eine „andere Vision von Europa“. Wie sieht die aus?
Marie-Dominique Vernhes: Wir wollen ein Europa der Demokratie, das sich nicht nach Profit, sondern nach den Menschen richtet. Dort müsste niemand Not leiden, niemand müsste an unbehandelten Krankheiten leiden. In Griechenland sind ein Drittel der Menschen ohne Krankenversicherung. Es fehlen etliche Ärzte, die in den letzten Jahren entlassen wurden. Wir wollen ein friedliches Europa, das die Umwelt schont und Flüchtlinge aufnimmt.
Für welches Europa steht die Politik der Troika aus Europäischer Zentralbank, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Kommission?
Für eine Politik im Interesse einer kleinen Minderheit. Die Griechen haben mit der Wahl gezeigt, dass sie eine andere Politik wollen. Das unterstützen wir und kritisieren unsere Regierung, die das mit allen Mitteln verhindern will.
Wieso sollten die Griechen beim Referendum am Sonntag mit „Nein“ abstimmen?
Nach der Wahl wurde nicht respektiert, dass die Griechen mit der verheerenden Sparpolitik Schluss machen wollen. Es wird immer argumentiert, Griechenland habe so viele Schulden. Das stimmt – aber die Frage ist ja: Wie sind die zustande gekommen? Wenn man fünf Jahre zurück geht, sieht man: Es sind private Schulden, aus denen Staatsschulden gemacht wurden. Mit dem Rettungspaket konnten die Banken sich rausziehen, aber der Staat muss jetzt die Schulden tragen. Wir fordern ein Schuldenmoratorium und eine Schuldenkonferenz, bei der auch Möglichkeiten der Umschuldung geprüft werden. Dass Griechenland die Schulden, so wie sie sind, nicht zahlen kann, ist klar.
Heute wird an vielen Orten Europas für Solidarität mit Griechenland demonstriert. Was ist das für ein Netzwerk?
In Athen haben sich am 27. Juni mehrere Gruppen zusammengefunden und ein Manifest verfasst. Dabei waren zum Beispiel Blockupy, Attac, Transform und Alter Summit, das ist ein Zusammenschluss verschiedener Sozialbewegungen und Gewerkschaften sowie verschiedener griechischer und spanischer Gruppen.
Und wer organisiert die Demo in Hamburg?
Es beteiligen sich verschiedene Gruppen, aber hauptsächlich wird sie von Attac, der Interventionistischen Linken und der Linkspartei getragen.
Interview: KSCH
Demonstration „Nein – Oxi zur Sparpolitik: Start 18 Uhr, Jungfernstieg
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen