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Kritik an 2,50 Euro ServicegebührZuschlag vergrätzt Bahn-Mitarbeiter

Die Bahn nimmt am Schalter demnächst 2,50 Euro Servicegebühr. Die Gewerkschaft Transnet ärgert das: Wenn die Bahn Kunden verliere, müssten Mitarbeiter um ihre Jobs fürchten.

Bahnfahren wird noch teurer - und wer sein Ticket nicht am Automaten kauft, zahlt extra. Bild: ap

Ticketpreise steigen, Bahncards werden teurer, und am Schalter gelten Servicezuschläge - der neue Preisschub bei der Deutschen Bahn empörte am Wochenende auch die Gewerkschaft Transnet. Sprecher Oliver Kaufhold erklärte der taz: "Das ist ein falsches Signal an die Kunden und kein gutes Signal für die Bahn-Beschäftigten."

Kaufhold befürchtet, dass künftig die Kunden von den Schaltern wegbleiben werden. Seit 2003 sei schon ein Drittel der Reisecenter geschlossen worden - und von damals 4.000 Jobs seien gut 1.000 gestrichen werden. Nun gebe es wieder "Unsicherheit für das Personal".

Derzeit kaufen rund 40 Prozent aller Bahnkunden ihre Tickets noch am Schalter oder per Telefon im Call Center statt im Internet oder am Automaten. Doch sie müssen demnächst in der Regel einen Bedienzuschlag zahlen. 2,50 Euro kommen dann etwa für Fernzugtickets, Sparpreis- und Auslandsfahrkarten hinzu. Für ein Europa-Spezial-Ticket werden gar 5 Euro fällig. Behinderte sind von der Gebührenpflicht ausgenommen. Für alle anderen aber bleiben nur Beratungsgespräche und Nahverkehrstickets zuschlagsfrei.

Die Bahn meint, nur mit dem Serviceaufschlag könne der "flächendeckende Erhalt von über 400 DB Reisezentren in ganz Deutschland gesichert werden". Gewerkschafter Kaufhold glaubt daran nicht - und kritisiert: "Die Bahn wendet sich doch von den Kunden ab."

Zumal auch die Tickets teurer werden - in der 2. Klasse im Schnitt um 3,9 Prozent. Die einfache ICE-Fahrt von Hamburg nach München kostet künftig zum Beispiel 127 Euro und damit 5 Euro mehr als jetzt. Höhere Energie- und Personalkosten machten den "moderaten Anstieg" nötig, erklärte die Bahn am Freitag. Autofahren sei ja auch teurer geworden - um 15 Prozent. Außerdem schlügen die Erhöhungen nicht bei jedem voll durch: Knapp 90 Prozent der Kunden seien mit Rabatt unterwegs, etwa dank einer Bahncard.

Nur: Auch die Bahncard wird ab Dezember teurer. Für die Bahncard 25 in der 2. Klasse werden 57 statt 55 Euro fällig, für die Bahncard 50 dann 225 statt 220 Euro. So geben sich nicht nur Gewerkschafter, sondern auch Verkehrspolitiker verärgert. Horst Friedrich von der FDP rechnete vor, dass die Preise im Fernverkehr seit April 2004 um 22 Prozent gestiegen seien; seitdem gab es sechs Preisrunden. Er fordert, den Buslinienfernverkehr zu fördern - als "Alternative zum Zug". Der Grüne Winfried Hermann kritisierte: Ein gutes Serviceunternehmen dürfe nicht Kunden bestrafen, die persönlich bedient werden wollten. Die Bahn versteht unter gutem Service etwas anderes: Bis 2011 will sie 7.000 Automaten aufstellen.

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4 Kommentare

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  • TH
    Thomas Henne

    Schon wieder ein PR-GAU der Bahn - nach dem gescheiterten Versuch, die Zwangszugbindung bei den Fahrkarten einzuführen und nach dem monatelang mit alberner Verbissenheit ausgefochtenen Kampf gegen eine kleines Lokführergewerkschaft.

    Nun werden vor allem Wenigfahrer und "Bahnanfänger" abgeschreckt - Vielfahrer surfen eh meist im Internet, um sich in dem stetig komplizierter werdenden Tarifdschungel das einigermaßen beste Angebot herauszusuchen. Was für eine absurde Unternehmenspolitik.

    Folgt die Toilettengebühr im Zug ? Und dann die Fahrscheinentwertungsgebühr ?

  • OF
    Oliver Frei

    Mehdorns Masche ist doch durchsichtig: Der Bahn ist natürlich nicht am "flächendeckenden Erhalt" ihrer Reisezentren gelegen. Wäre ja auch unlogisch für eine "Börsenbahn", die nur an Profitmaximierung bei gleichzeitiger Kostenminimierung interessiert ist. Alles, was die Bahn Geld kostet (z. B. Service, technische Wartung, Personal), muss auf das absolut Notwendigste reduziert werden, am besten gleich ganz verschwinden. Schon jetzt ist der Besuch eines "Reisecenters" eine Zumutung. Viiiiiiieeeeeeel Zeit und Geduld muss mitbringen, wer am Schalter beraten oder bedient werden möchte (Platzreservierungen sind am Schalter schon jetzt teurer als etwa im Internet). Aber für eilige Kunden stellt die Bahn ja Automaten auf. Wenn dann schließlich genug Kunden vergrault sind, hat Mehdorn sein Ziel erreicht und kann "aufgrund fehlender Nachfrage durch die Kunden" die Schalter abschaffen. An dieser Stelle werfe ich mal einen Blick in die Zukunft: Sobald das erste Etappenziel in Sachen Serviceminimierung erreicht ist, sind die Automaten dran. Weil diese Wartungskosten verursachen, müssen die Kunden einen "Automatenzuschlag" entrichten. Wem das nicht passt, der kann ja seine Fahrkarten im Internet kaufen. Ach, Kapitalismus ist schon 'ne feine Sache. Da kann man sprichwörtlich "aus Scheiße Bratkartoffeln machen", man denke nur an die diversen Lebensmittelskandale. Doch warum vom Thema abschweifen. Lieber "Bahnchef", hier noch 'ne tolle Idee: Sämtliche Zugtoiletten sind nur nach Münzeinwurf (2,- Euro) nutzbar. Sollte meine Idee realisiert werden, erwarte ich eine Innovationsprämie - gerne auch in Form einer "Bahncard 100 First". Alles klar?

  • IN
    Ihr Name Manfred Huonder

    Es wird der falsche Schritt der Bahn sein Service-Gebühren im Fernverkehr zu erheben. Dabei verlagert man zwingend den Verkauf an die Automaten oder ins Internet. An den Automaten sind

    heute noch viele Leute nicht in der Lage das für

    sie in Frage kommende Ticket zu lösen.

    Zudem stehen oft viel zu wenig Automaten zur

    Verfügung, was zu einem Andrangs Chaos führt.

    Es werden zahlreiche Leute ihren Zug verpassen.

    Nicht zuletzt sind die (noch)Schalterangestellten

    die Leidtragenden, welche den Unmut zu spüren bekommen.

    Im Detailhandel ist es ja auch nicht so, dass

    beim Optiker, Metzger, Bäcker usw eine Service-Gebühr erhoben wird.

  • G
    Götsch

    Es wird Zeit, daß die Bundesnetzagentur die Bahnpreise überwachen muß.

    Bahnprivatistierung und freie Preisgestaltung ist Gift für die Mobiltät von Menschen, die nicht auf das Auto angewiesen sein wollen.

    Die Gewinne durch die steigende Auslastung des letzten Jahres der Bahn sollte eigentlich ausreichend sein um den Preis halten zu können. Ohne die Bahnprivatisierung gäbe es keine Erhöhung.

     

    Eine Bahnprivatitierung, die 5 Mrd € bringt ist Vernichtung von Volksvermögen.