Vorwürfe nach Protesten in Köln: Käfige für linke Demonstranten

Nach der Blockade gegen den "Anti-Islamisierungskongress" ging die Polizei hart gegen 400 linke Demonstranten vor. Organisatoren sprechen von menschenunwürdiger Behandlung.

Kritik an der Polizei: Proteste gegen Anti-Islamisierungskongress Bild: dpa

KÖLN taz Heftige Vorwürfe gegen das polizeiliche Vorgehen erheben die Organisatoren der Blockaden beim Kölner "Anti-Islamisierungskongress". Das "Bündnis gegen ,pro Köln'" wirft der Polizei vor, vorläufig festgenommene Demonstranten gegen den Rechtsaußenevent am Samstag einer "rechtswidrigen und menschenunwürdigen Behandlung unterzogen" zu haben.

Bis zu zwölf Stunden hätten mehrere hundert Protestierer, darunter auch zahlreiche Minderjährige, in der Gefangenensammelstelle in Brühl verbringen müssen. "Die Verhältnisse dort waren chaotisch", sagte Bündnissprecher Reiner Schmidt. Teilweise seien 30 Personen in Käfigen von nur 36 Quadratmeter Größe zusammengepfercht gewesen. Anwälten sei der Zugang zu Gefangenen verwehrt worden. Auch vier Mitarbeiter des Jugendamtes hätten große Schwierigkeiten gehabt, mit festgehaltenen Jugendlichen zu reden.

"Die Polizei war überfordert und hat die Freilassung der Demonstranten vorsätzlich verzögert", sagte die Bonner Rechtsanwältin Anni Pues. "Die Zustände waren skandalös." Minderjährige seien bis nach Mitternacht festgehalten worden, obwohl deren Eltern vor den Gefängnistoren gewartet hätten. Der letzte Gefangene sei erst am Sonntagmorgen um acht Uhr wieder entlassen worden. "Es wird Klagen geben", kündigte Rechtsanwältin Pues an.

"Wir arbeiten mit Hochdruck an einer Aufklärung der Vorwürfe", sagte Polizeisprecher Wolfgang Baldes der taz. Laut Polizeiangaben wurden bei den "im Zusammenhang mit Gewalttaten durchgeführten Freiheitsentziehungen" am Samstag Abend 404 Linksautonome in die Brühler Sammelstelle eingeliefert, darunter auch 72 Jugendliche und 3 Kinder. Insgesamt habe es 135 Ingewahrsamnahmen und 269 Festnahmen gegeben. Dass es dabei Probleme gab, räumt Polizeispräsident Klaus Steffenhagen ein: "Eltern machten sich Sorgen, die wir sehr ernst nehmen." Deshalb müsse der Ablauf von der Festsetzung vor Ort bis hin zur Entlassung überprüft werden.

Kritik kommt aber auch von der anderen Seite: von der "Bürgerbewegung pro Köln". Dessen Anführer Markus Beisicht sprach von einem "Totalversagen der Kölner Polizeiführung", weil die von ihm angemeldete Kundgebung auf dem Heumarkt wegen Sicherheitsbedenken abgebrochen wurde. Das Verbot sei willkürlich erfolgt und rechtswidrig. "Die Vorgänge werden von unserer Seite aus politisch und juristisch aufgearbeitet werden", so die Ankündigung von Beisicht.

Nach den Vorstellungen der rechtsextremen Vereinigung hätte die Polizei "mit Wasserwerfern eine Gasse bilden können, um den pro-Köln-Anhängern den Zugang zum Heumarkt zu ermöglichen". Ein solches massives Vorgehen wäre "völlig unverhältnismäßig" gewesen, wies Polizeipräsident Klaus Steffenhagen dies entschieden zurück. "Damit hätten wir viele unbeteiligte Kölner Bürger und Bürgerinnen und auch die friedlichen Demonstrationsteilnehmer unkalkulierbaren Risiken ausgesetzt." Insgesamt nahmen mehrere zehntausend Menschen an den Anti-Rechts-Protesten in Köln teil.

Auf jeden Fall dürften die samstäglichen Auseinandersetzungen für den "pro Köln"-Aktivisten Jörg Uckermann noch ein juristisches Nachspiel haben. Aus Wut über das Verbot der Rechtsaußenkundgebung soll der ehemalige Ehrenfelder CDU-Funktionär die Polizei in Anspielung auf den chrsitdemokratischen Kölner Oberbürgermeister Fritz Schramma als "Schramma-SA" bezeichnet haben. Deswegen hat ihn Polizeichef Steffenhagen nun wegen Beleidigung angezeigt, wie Polizeisprecher Baldes bestätigte.

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