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Zum Tod von Eartha KittFemme rebelle

Eartha Kitt, Sängerin, Schauspielerin, Entertainerin, Muse der weißen Boheme in Europa und Kämpferin für die afroamerikanischen Community, ist mit 81 gestorben.

In den Fünfzigern sang sie unvergesslich "Santa Baby", nun starb sie am 25.12. 2008 im Alter von 81 Jahren an Krebs. Bild: ap

1983 war sie eigentlich nur für zwei Wochen gebucht. Die Betreiber des kleinen Hamburger Revuetheaters Macadam kannten sie natürlich - einen Star; eine Frau, von der Orson Welles behauptete, sie sei die "aufregendste Frau der Welt". Aber was würde ein gediegenes hanseatisches Publikum von einer wie ihr halten - Eartha Kitt? Konnte sie ahnen, dass ihr diese Stadt im kühleren Teil Europas das Entree zu einem dritten Karrierefrühling bieten würde? Dass sie schon bald als ältere, mit allen Wassern des Entertainments gewaschene Frau mit "Where Is My Man?", ähnlich wie kurz danach Tina Turner mit "Private Dancer", komplett unironisch von Sehnsüchten und Begierden, von Sex und Schweiß, von Blood, Sweat & Tears singen würde? Dass die damals den mehligen Rock zurückdrängende Discowelle auch sie auf eine Schaumkrone heben würde?

Eartha Kitt war fast über Nacht wieder ganz oben - und das Engagement im Macadam Theater war ihr dabei behilflich. Woche für Woche wurden die Vorstellungen verlängert, die Kitt war unter Kultur- und Popschaffenden eine Nummer, die man erlebt haben musste.

In ihrer Heimat, den USA, hatte man sie zu dieser Zeit fast völlig vergessen. Kein Ruhm haftete ihr an. In den Augen konservativer Kreise hatte sie unanständige Dinge gesagt; 1968, ausgerechnet im Weißen Haus. Der Hausherr, der demokratische Präsident Lyndon B. Johnson, der stolz war auf seine guten Verbindung zur afroamerikanischen Community, hatte sie eingeladen, Eartha Kitt fühlte sich einerseits geschmeichelt, andererseits war sie stets wach genug, an den politischen Debatten teilzunehmen.

Vietnam war das Thema, und wie vor ihr Muhammad Ali, der als größter Boxer aller Zeiten den Kriegsdienst in Asien mit dem Hinweis verweigerte, er habe persönlich keine Probleme mit dem Vietcong, und daraufhin mit einer sportlichen Sperre bestraft wurde, wie dieser Mann machte auch die Kitt ihren Mund auf und fragte lautstark in die Runde, wann denn endlich all die Jungs und Männer aus dem Kriegseinsatz in Vietnam nach Hause kämen, es seien doch schon genug gestorben für nichts und wieder nichts. Präsidentengattin Lady Bird Johnson soll ob der scheppernd und, wie es heißt, auch leicht alkoholisiert vorgetragenen Worte in einen hysterischen Heulkrampf verfallen sein. Jedenfalls fiel die Kitt wegen ihres auch unter Demokraten umstrittenen Benehmens in Ungnade. In den USA trat sie an keiner der großen Bühnen mehr auf.

Dabei war sie doch ganz und gar ein typisches All-American Girl der Schwarzen. Geboren am 17. Januar 1927 als Tochter eines Baumwollpflückers in North Carolina. Mit sechs Jahren verlor sie ihre Mutter und wuchs bei Verwandten im Einwandererviertel von New York City auf. Sie tat sich mit dem festen Willen hervor, nie wieder arm zu sein, die schöneren Seiten des Lebens die ihren werden zu lassen - und träumte von einer Karriere als Tänzerin. Als Arbeiterin in einer Kleiderfabrik verdiente sie sich das Geld für Tanz- und Klavierstunden. Als 15-Jährige bewarb sie sich bei der legendären Kompanie der Tänzerin Katherine Dunham und wurde auf der Stelle engagiert.

Die Kitt, erinnern sich Zeitzeugen, hatte etwas Besonderes. Ihr Wille zum Erfolg war übermächtig, ihr Selbstbewusstsein - typisch für Heranwachsende, die nie mehr in Abhängigkeit und Lieblosigkeit zurückwollen - monströs; ihre Physis wie ihre Ausstrahlung auf die Gewogenheit männlicher (wie weiblicher) Personen gerichtet. Die Dunham erzählte, in der Kitt habe man Katzenartiges gesehen; ihre Stimme rau und fein zugleich.

Mit Dunhams Ensemble tourte sie durch die Welt. Im Hamburg des Jahres 1983 erzählte sie, dass sie schon nach wenigen Jahren ihrer Karriere dachte, das sei es nun gewesen, mehr habe sie nie gewollt, alle Träume, die sie im rassistischen Süden ihres Landes als Kind eines De-facto-Sklaven gehegt habe, seien in Erfüllung gegangen. Ihr Weg war freilich noch längst nicht zu Ende gegangen, und ihre alte Angst, wieder zu verarmen, übersehen zu werden, keine gute Zukunft zu sehen, war immer noch präsent.

1951 hatte sie sich entschieden, in jener Stadt zu bleiben, von der schon Nina Simone und Ella Fitzgerald schwärmten: Paris. Eine Stadt, in der dunkelhäutige Künstler en vogue waren; eine Metropole, in der sich die gewöhnliche amerikanische Kultur der Apartheid vergessen ließ. Orson Welles, wie die Kitt eine manische Person, verknallte sich in dieses Wesen und heuerte sie für seine exzentrische "Faust"-Verfilmung als Gretchen an. Die Kitt - das war auch durch Welles die Lieblingsmuse der weißen Boheme, des Pariser Chics, der französischen Lebensart.

Mit diesen Meriten kam sie in die USA zurück - inzwischen kein No-Name mehr, sondern eine echte Nummer im Entertainmentgewerbe. Sie spielte am Broadway, profilierte sich als Diva wie als Vamp, interpretierte "Cest si bon" und gab die Catwoman in der Fernsehserie "Batman". Sie spielte in jenen Jahren gewiss nicht in der gleichen Liga wie die von allen hochverehrte Ella Fitzgerald, aber als prominente Nummer des Cabarets war die Kitt ein berühmter Faktor.

"Ich musste mich durchsetzen", sagte sie, "ich hätte es mir nicht verzeihen können, wenn ich meinem Vater oder meiner Mutter nicht Genüge getan hätte. Auch für sie konnte mein Weg nicht so schnell zu Ende gehen", sagte sie in Hamburg in einem Gespräch. "Und jetzt mache ich Disco und freue mich, dass man mir abnimmt, dass ich aus dem Spiel mit der Liebe und den Männern nicht herausgefallen bin."

Warum auch? Sie war für viele Frauen ein Role Model, ein lebendiger Beweis dessen, dass das Leben nicht mit der Menopause aufhört, dass Liebe und Sex keine Frage des Alters sind. Die Kitt schnurrte und gurrte auf der Bühne, spielte den Vamp und die Verführerin, ließ sich in den Fantasien ihres Publikums als Femme fatale verhandeln, um schließlich doch immer die Fäden des Handelns selbst in der Hand zu behalten: "Männern muss man das Gefühl geben, dass sie die Verführer sind, dass sie alles machen. Ich meine, nur das Gefühl, sonst schnappen sie noch über."

Zur amerikanischen Bürgerrechtsbewegung hielt sie über Jahre stets Kontakt; spendete, wo es drauf ankam, unterstützte dieses Jahr vehement Barack Obama. Gefragt, ob ein nichtweißer Politiker denn gewinnen könne, soll sie gesagt haben: Nicht ohne Probleme, aber man sehe an ihr, dass man nicht verlieren muss. Dass sie Anfang der Siebzigerjahre einen Kotau vor dem konservativen Richard Nixon machte, nahmen ihr schwarze Aktivisten heftig übel - eine Geste der Verzweiflung, um nicht weiter wegen des Skandals im Weißen Haus im Jahre 1968 boykottiert zu werden. Eartha Kitt, keine Ikone des Widerstands gegen Rassismus und Krieg, aber eine aufrechte Kämpferin für die Dinge der afroamerikanischen Community, eine Frau mit Eigensinn und hohem Durchsetzungsvermögen, ist am ersten Weihnachtstag an den Folgen ihrer Darmkrebserkrankung in New York City verstorben.

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1 Kommentar

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  • U
    Uwe

    So strickt man also Nachrufe: Aus der "eigenwilligen Faust-Verfilmung" bei Wikipedia wird in Ihrem Beitrag eine exzentrische. Peinlich wird's, wenn die Quelle Unrecht hat und es gar keinen Faust-Film von Welles mit Eartha Kitt gibt, sondern nur eine Bühneninszenierung...