Kritik am Gleichbehandlungsgesetz: Gesetz ohne Leben

Drei Jahre gibt es das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz jetzt. Die Chefin der zuständigen Behörde ist umstritten, ihr wird falsche Prioritätensetzung vorgeworfen.

Sule Eisele verklagte 2008 ihren Arbeitgeber weil sie nach ihrem Mutterschutz nicht wieder arbeiten sollte. Statt der geforderten halben Millionen bekam sie nur 11.000 Euro. Bild: ap

BERLIN epd | Kaum etwas war in der großen Koalition so umstritten wie das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, kurz AGG. Vor drei Jahren, am 18. August 2006, trat es in Kraft. Schnell wurde klar: Die von Wirtschaft und Teilen der Union und FDP befürchteten Klagewellen blieben aus. Viel mehr war von dem Gesetz aber nicht mehr zu hören. Die größte Enttäuschung herrscht jetzt bei Gewerkschaften und Verbänden, die sich etwas anderes vom AGG erwartet hatten.

Im Zentrum der Kritik steht dabei die Antidiskriminierungsstelle. Zu ihren Aufgaben gehört es, Leben in das sperrige Gesetz zu bringen: Menschen zu helfen, die sich aufgrund von Herkunft, Geschlecht, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter oder der sexuellen Identität diskriminiert fühlen. Die Behörde soll informieren und sich gegen Benachteiligungen einsetzen.

Umgesetzt hat die Stelle aus Sicht von Kritikern davon nicht genug. Ihre Leiterin Martina Köppen ist für sie so etwas wie die Symbolfigur des Versagens des Gesetzes geworden. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) warf Köppen vor, vor allem auf einen "Pakt mit der Wirtschaft" zu setzen, statt Betroffene anzusprechen.

DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach forderte einen "personellen Neuanfang" der Behörde. Die Juristin Köppen, deren Amtszeit mit Ende der Legislaturperiode ausläuft, hatte nie einen leichten Stand. Ihr Posten wurde sieben Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes besetzt, Kritiker unterstellten eine absichtliche Verzögerung. Bei Auftritten wirkte Köppen mitunter hölzern.

Im Mai hatte die 51-Jährige dann offenbar einen denkwürdigen Auftritt vor dem Familienausschuss des Bundestags. Die frauenpolitische Sprecherin der Grünen, Irmingard Schewe-Gerigk, forderte danach ihren Rücktritt. Sie habe keine Antworten auf inhaltliche Kritik oder das "seltsame Finanzgebaren" ihrer Behörde gehabt, und sie habe eingeräumt, beim "Pakt mit der Wirtschaft" keine Ergebnisse erzielt zu haben. Die SPD-Senioren warfen Köppen "falsche Prioritätensetzung" vor und bemängelten, es sei zu wenig Geld in Angebote für Betroffene geflossen.

Köppen selbst sieht das anders. Ohne die Wirtschaft werde das Ziel einer diskriminierungsfreien Gesellschaft kaum gelingen können, betont sie. Im übrigen habe ihre Behörde beachtliche Erfolge erzielt: unter anderem "gute Öffentlichkeitsarbeit" und einen "intensiven Dialog mit Nichtregierungsorganisationen und Verbänden".

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