Mexico verbietet Drogen-Balladen: Die Poesie des Verbrechens
In den so genannten Narcocorridos besingen mexikanische Bands gefährliche Drogenbosse und schnelle Waffen. Jetzt sollen die Drogensongs verboten werden.
Sie besingen die neuesten Liebschaften der Drogenbosse, die sichersten Schmuggelwege oder die gefährlichsten Waffen. Ihre Lieder hört man in fast allen Bussen des mexikanischen Nordens, ihre CDs sind noch auf dem kleinsten Markt zu haben. Doch geht es nach Mexikos Regierung, dann sieht es bald schlecht aus um Bands wie die Tigres del Norte, die Tucanes de Tijuana oder El Chapito-AK 47. Deren Drogenballaden, sogenannte Narcocorridos, sollen verboten werden.
Einen entsprechenden Antrag hat der Abgeordnete der regierenden Nationalen Aktionspartei (PAN), Óscar Martín Arce, letzte Woche im Parlament eingebracht. Wer die Songs spielt, produziert oder verbreitet, soll mit einer Haftstrafe von bis zu drei Jahren bestraft werden. Betroffen wären von dem Verbot auch die Mafia verherrlichenden Videoclips, von denen viele auf dem Internetportal YouTube zu finden sind.
Mit Zensur habe sein Vorschlag nichts zu tun, meint Arce. "Wir wollen die Anstiftung zu Verbrechen verhindern", sagt er und verweist auf Aussagen eines jüngst verhafteten Killers der Drogenmafia, der 30 Menschen auf dem Gewissen haben soll. Dieser hatte gesagt, er habe sich den Capos angeschlossen, weil er davon träumte, dass auch über ihn eine Ballade komponiert werde. "Die Gesellschaft betrachtet die Narcocorridos jedoch als nett, ansprechend, unbedeutend und harmlos", kritisiert der Abgeordnete Arce.
Tatsächlich wird der Livestyle der Capos in weiten Kreisen der Bevölkerung ganz selbstverständlich aufgenommen. Der Mafia-Schutzheilige Malverde, die vergoldete Kalaschnikow oder eben die Narcocorridos sind schlichtweg Kult. Die zunehmende Gewalt aber ist vor allem dem von Präsident Felipe Calderón (PAN) erklärten Krieg gegen die Drogenclans geschuldet, dem seit dem Amtsantritt des Konservativen im Dezember 2006 mindestens 15.000 Menschen zum Opfer gefallen sind.
Der jetzige Versuch der PAN, die Balladen zu verbieten, ist nicht der erste Vorstoß in diese Richtung. Bereits 1987 forderte der Gouverneur des Bundesstaates Sinaloa, einer Hochburg der Capos, lokale Radio- und Fernsehstationen mögen auf die Verbreitung der Lieder verzichten. Allerdings ohne Erfolg. Auch die jetzige Initiative dürfte an der Popularität der Narcocorridos scheitern. Kaum war sie letzte Woche bekannt geworden, stellte ein Dr. Tochtli eine ganze Serie der beliebten Soundtracks der Drogenwelt auf YouTube. Die Corridos, so erklärt der vermummt auftretende Mann, "beleuchten aus einem speziellen Blickwinkel, was in Mexiko passiert. Sie zeigen die Korruption, die Gewalt, die Mythologie, aber auch die Poesie und die Romanzen."
Leser*innenkommentare
Martin
Gast
Hallo,
leider wird in dem Artikel nicht erwähnt, dass die Drogenbosse sich solche Lieder erkaufen. Die Musiker schreiben so was also nicht zum reinen Vergnügen. Kann man quasi als Gegenpropaganda zur Regierung zu sehen.
Mexico ist in Hinsicht des Drogenkrieges so wie so am A****. In Tijuhana möchte ich keinen Urlaub machen...
Die Dealer kaufen sich Waffen in den Staaten um den Kokstransport dorthin zu sichern.
marco trafficante
Gast
ich mag das. klingt nach sommer und einem tequila sunreise am pool.
Verständnisfrage
Gast
SOLLEN die verboten werden oder SIND die verboten?
Kid Charlemagne
Gast
Hab mir das gerade mal angehört. Um es mal ganz deutlich (mit den Ärzten) zu sagen: komplette Kaspermucke. Das soll Ghetto sein ? Die gehen auf jedem Dorffest in Oberfranken als unbedarfte Deppentruppe durch. Verstehe nicht wieso sich in Mexiko die Leute das anhören.
Da gibt es dann schon 2 Gründe das zu verbieten. Drogen und Gewaltverherrlichung UND massiver Angriff auf die Ohren.
vic
Gast
Die sehen ja lustig aus, die Tigres. Aber die AK 47 möchte ich besser nicht sehen.
Was ist gegen ein wenig Dope zu sagen?
Hängt immer davon ab was es ist.
Franz Konieczny
Gast
Wenn besagter Killer angegeben hätte, sich der Mafia angeschlossen zu haben, um sich eine allradgetriebenen Kleinlaster zu kaufen, würden die dann auch verboten werden?